1. Kapitel - Münzstätte Christophstal
2. Kapitel - Planungen und Baubeginn
3. Kapitel - Namensgebung
4. Kapitel - Baujahre und erste Probleme
5. Kapitel - Wappen
6. Kapitel - Bergstadt oder Großstadt?
7. Kapitel - Ortswahl
8. Kapitel - Friedrich und die Kupplerinnen
9. Kapitel - Mann von Welt
10. Kapitel - Bedeutung der Erzgewinnung
11. Kapitel - Drang nach Gold
12. Kapitel - Das geplante Schloss
13. Kapitel - Der aufgebene Plan
14. Kapitel - Huldigungen
15. Kapitel - Fazit
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1. Kapitel - Münzstätte Christophstal
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Revers = Rückseite | Avers = Vorderseite |
Dieser Taler wurde im Christophstal geprägt. (1) |
Er zeigt auf der Rückseite den Heiligen
Christophorus
mit dem Jesuskind mit Heiligenschein auf der Schulter, welches die "Weltkugel" trägt
("Die Last der Welt").
Er benutzt einen Baum als Stützstab und trägt das Kind über einen Fluss, hier der Forbach, der durchs Christophstal fließt.
Links neben dem Hl. Christophorus und dem Jesuskind
befindet sich ein ovaler, mit einem Fürstenhut bekrönter Wappenschild mit dem
württembergischen
Wappen:
Im...
1. Feld das Wappen des Herzogtum Teck (schräg geweckt), im ...
2. Feld die Reichssturmfahne (Fahne mit Schwenkeln, belegt mit einem schwarzen Adler), die die württembergischen Herzöge durch den Besitz der Stadt Markgröningen tragen durften, und im ...
3. Feld das Wappen der Grafschaft von Mömpelgard (zwei aufrechte, abgekehrte Barben), im...
4. Feld das Wappen der Herrschaft Heidenheim (der Rumpf eines bärtigen Mannes mit Mütze) und im Herzschild das Wappen des Herzogtum Württemberg (3 Hirschstangen untereinander).
Links und rechts des Wappenschildes befindet sich je ein Füllhorn (links
ist nur der obere Ansatz erkennbar) und man kann sehen, wie aus dem
rechten Münzen herausquellen.
Unter dem Wappen findet man das Herstellungsjahr: 1740
Der Hintergrund des Münzbildes zeigt eine Landschaft im Rokokostil, die typisch für Jonas Thiébauds Arbeit ist.
Es sind Bergwerksanlagen (Christophstal) und eine Ansicht auf Freudenstadt mit Kirchtürmen zu
sehen.
So werden durch die Details der Münze viele Aspekte der Geschichte des Münzprägers sichtbar.
Der Taler wurde unter Herzog Karl Friedrich II. von Württemberg-Oels ausgegeben, dessen Titel die Legende der Vorderseite nennt:
CAROL(us) FRID.(ericus) DUX.WURT.(embergensis)TEC.(censis)et ÖLS.(nensis)ADEMI.(nistrator) ET TUTOR.
was so viel heißt wie:
Karl Friedrich Herzog von Württemberg, Teck
und Oels, Verwalter und Vormund
Das Münzbild zeigt die Büste des
Münzherrn nach rechts in Brustpanzer mit Hermelinmantel und mit dem Kreuz des Polnischen Weißen Adlerordens am Band.
Unter der Büste befindet sich die Signatur des Stempelschneiders Jonas Thiébaud.
Die Herkunft wird angegeben mit:
1/2 R THALER AUS DEM BERGWERCK ZV.CHRISTOPHS.TAL.
Herzog Karl Friedrich II. (1690-1741) war der Nachkomme in vierter Generation des Stadtgründers von Freudenstadt, Herzog Friedrich I. von Württemberg (1557-1608).(Bild: rechts)
Es handelt sich hier um eine sog. Ausbeutermünze.
Wenn ein Bergwerk in "Ausbeute" kam, konnte der Landesherr bzw. Besitzer des Bergwerkes einen Ausbeutetaler (Ausbeutemünzen) prägen lassen. Es wurde aus dem Material (Edelmetall) des Bergwerkes geprägt, das in Ausbeute stand. Damit sind eindeutige Symbole verbunden, die mit dem Besitzer bzw. dem Bergwerk in Verbindung gebracht werden können). Es handelt sich meist um Silbermünzen. Die Prägung von Ausbeutetalern erfolgte etwa ab dem 15. Jahrhundert. Dieser hatte oft keinen aufgedruckten Geldwert, dann waren sie als ein Renomierzeichen anzusehen, das der Auftraggeber nach Gutdünken verteilen konnte.
Hergestellt wurde diese Münze, wie viele andere vor und nachher, nach den Vorbildern des ersten Christophstaler von 1606, den Herzog Friedrich I. prägen ließ.
Wappen
und Leitmotiv "Christophorus" sind zu erkennen.
Unter der Leitung von Peter Stein, dem Generalfaktor für den Messinghandel (1616–1628) und Münzmeister in "Sankt Christophstal" mit dem Titel Münzinspektor erlebte das Christophstal seine erste Blüte als Münzstätte von 1622 bis 1628. Peter Stein war der Herr über die Knappen und Laboranten im Tal(2)
Herzog Friedrich I. hatte 1606 das Messingwerk gegründet.
Eben dieser Peter Stein bezog 1627 nach der Fertigstellung seinen Alterssitz, den "Freihof, das zehnt- und steuerfreie Bärenschlößle."(3)
Seither dient es mit seiner Renaissance-Fassade und seinem Staffelgiebel als Wahrzeichen des Christophstals. Es war nie als "Schlößle" gedacht. Es wurde erst im Zeitalter der Romantik zum "Schlößle".(3)
Es wird auch bei der Landesgartenschau 2025
ein zentraler "Hingucker" sein.Es ist das
älteste bauliche Überbleibsel aus den Gründerjahren der Stadt
Freudenstadt.
Beim großen Stadtbrand im Jahr 1632 wurde
nämlich ein großer Teil der Stadt, 144 Häuser eingeäschert. Bei der Pest 1610/11
starben 800 Menschen und 900 sollen abgewandert sein.
Somit war schon 35 Jahre nach Baubeginn der Stadt fast alles Leben erloschen. Im Jahr 1652 lebten nur noch etwa 300 Menschen in Freudenstadt.
Man muss sich fragen, warum die Stadt trotzdem überlebt hat. Welches Interesse bestand, sie am Leben zu erhalten? Dazu später mehr. Dabei hatte doch alles so gut angefangen:
2. Kapitel - Planungen und Baubeginn
"1599 Freudenstadt. Da hab ich, alß es noch ein wald gewesen, den ersten augenshein ein genommen, den Boden an vilen undershidlichen orten zemlich tief ersuochen lassen, aber wenig guots gefunden, dero wegen ich in underthonigkhait darfür gehalten, das nit Rhatsam ein Stat dahen zu bauwen, weil es aber dem durchleichtigen hochgebornen fürsten und herren herren Friderich hertzogen zu Wurtemberg also gnedig beliebt, hab ich ein abriß zu einer grosen Statt und Schloß gemacht, da ich geordnet, das beii jeder behausung ein hof oder gertle und das Schloß am ort der Statt sein solte. Es haben aber Ir[o] f[ürstlichen] g[naden] gewolt, das hender und vor jedem haus ein gassen und das shloß mitten auff dem margt stehen soll.
Also hab ich ein andern abriß Ir[o] f[ürstlichen] f[naden] befelch gemes gemacht. Solcher visierung nach ist auch dise statt erbaut worden, das Schloß aber ist noch nit angefangen."(4)
Übersetzt:
1599 Freudenstadt. Da habe ich, als dort noch ein Wald gewesen
ist, den ersten Augenschein genommen, den Boden an vielen
verschiedenen Stellen ziemlich tief untersuchen lassen, aber
wenig Gutes gefunden, weswegenich untertänig dafür plädiert
habe, dass es nicht ratsam sei, eine Stadt da hin zu bauen. Weil
es aber dem durchlauchtigen, hochgeborenen Fürsten und Herrn
Friedrich Herzog zu Württemberg gnädig beliebt hat, habe ich
einen Plan für eine große Stadt und ein Schloss gemacht, wobei
ich eine solche Ordnung vorgenommen habe, dass bei jedem Haus
ein Hof oder Gärtlein und das Schloss mitten in der Stadt
sein sollte. Es haben aber IhreFürstlichen Gnaden gewollt,
dass hinter und vor jedem Haus eine Gasse sein und
das Schloss mitten auf dem Markt. Also habe ich einen anderen
Entwurf nach Ihrer Fürstlichen Gnaden Befehl gemacht, dass die
Stadt viereckig und jede Seite in der Länge 1418 Schuh, jede
Seite des Markts 780 Schuh messen und das Schloss mitten auf den
Markt kommen soll. Nach jenem Entwurf ist auch diese Stadt erbaut
worden, das Schloss aber ist noch nicht angefangen.
(4)
Am 22. März 1599 wurden im Beisein
des Herzogs die ersten
Häuser und Straßen von Baumeister Schickhardt
abgesteckt und am 1.
Mai 1601 erfolgte die Grundsteinlegung der Stadtkirche, die am
Marktplatz als Winkelkirche gebaut wurde.
Laut M. Eimer (43, Seite 24) sei mit diesem Tag auch der Name "Frewdenstatt" festgelegt worden.
Nach Eimers
Recherchen war Freudenstadt, neben der Absicht,
den Bergleuten statt im Christophstal (wie ursprünglich geplant) auf der Höhe mehr Wohnraum zu geben,
hauptsächlich als Stadt für Glaubensflüchtlinge geplant worden.
Überlegungen dazu gab es beim Herzog offensichtlich schon vor 1599.
Einen
Vorläufer für diesen Vorgang findet man schon 1586 bei der Ansiedlung der
Hugenotten in Mömpelgard, als "Graf" Friedrich diesen ähnlich begegnete wie
später den Neubürgern von Freudenstadt.
3. Kapitel - Namensgebung
Am 6. Mai wurde die "Stadt ob Christophstal" erstmals "urkundlich" als Freudenstadt erwähnt. Wie es zu dieser Namensgebung kam, ist bis heute nicht vollständig geklärt.Betrachtet man die Schreibweise von Schickhardts "fredenstat" bieten sich zunächst zwei Möglichkeiten an:
1. "freden" könnte von "frieden" abgeleitet sein, oder
2. "freden" wird im Sinne von "einfrieden" gebraucht, was "umzäunen, einfassen, eingrenzen" meint.
Auf allen Plänen zu Freudenstadt war die "Eingrenzung" = die Stadtmauer, die nie vollendet wurde, ein wesentlicher Bestandteil der Planung. War dann doch eine Festungsstadt geplant?
Unter diesem Blickwinkel hätte sich auch ein Name wie "Friedrichsfeste" etablieren können. In der 1669 bis 1671 verfasste Beschreibung von Freudenstatt des ortsansässigen Pfarrers Jeremias Baldenhofer wird sie als "Fürstliche Bergstatt und Vestung Freudenstatt" aufgeführt.(20)
Noch verwirrender wird die Betrachtung, wenn man die Inschrift einer Zinnkaraffe und zweier Zinnhumpen aus dem Freudenstädter Heimatmuseum mit heranzieht. Dort ist eingraviert:
+ IOANN ZIEGELNEISER · ERSTER · VNTERVOGT · ZV · FREYDENSTAT · 1606. (20)
Wir finden Fredenstat(t) - Freydenstat - und wie wir nachfolgend sehen: "Frewdenstat".
Es existiert nämlich im Hauptstaatsarchiv in Stuttgart der sog. "Leinwandplan". (Siehe Bild: rechts) Dort wurde die Eintragung "Stadt ob Christophstal" angeblich durchgestrichen und durch "Frewdenstat" ersetzt.
Der Plan wird Elias Gunzenhäuser,
dem Bauführer Schickhadts, zugeordnet.
Gunzenhäuser war leitender Zimmermann
und derjenige, der die geplanten Häuser den zukünftigen
Bewohnern zuordnete.
Er war auch beim Bau des "Neuen Lusthauses"
in Stuttgart
(siehe Bild links)
ein
Mitarbeiter von Schickhardt und gilt als der eigentliche Erbauer der
Freudenstädter Stadtkirche, stand aber immer im Schatten von
Schickhardt. Jeder mag selbst beurteilen, ob dieses "Zeugnis" zu
einer "Beurkundung" des Namens "Freudenstadt" ausreicht!
Aus Schickhardts "Freden"- war nun "Frewden" - geworden. Beachtenswert ist, dass die Namensnennung "Fredenstat" von Schickhardt in seinem Rückblick von 1635 neueren Datums ist als die noch existierenden Baupläne!
Wir müssen aber auch noch die dritte Zugangsmöglichkeit erwähnen:
Schickhardt stammt aus dem schwäbisch-alemannischen Sprachraum, da wurde der "Friedrich" zum "Frederic", möglich auch in Kurzform zum "Freder".
Naheliegende Schlussfolgerung: Schickhardts "Fredenstat" bedeutet ganz einfach "Freden-(s)-stat" = "Friedrichs Stadt."
Sollte der Herzog den Namen "Freudenstadt" über Mittelsmänner "diktiert" haben, warum hat ihn dann Schickhardt in seinem Rückblick von 1635 nicht übernommen? Könnte es 35 Jahre nach Baubeginn es noch unklar gewesen sein, welcher Stadtname gelten sollte?
Wahrscheinlicher ist aber, dass Schickhardt der Einfachheit halber immer bei seiner "Benennung" geblieben ist. Siehe dazu den Beitrag: "Glückwünsche an den Herzog".
Hermann Bannasch schreibt, dass unter Herzog Friedrichs Nachfolger - Johann Friedrich - die "Neigung aufgekommen sei, die Stadt nach ihrem Gründer Friedrichsstadt zu benennen".(24, Seite 11)
Wenn dies richtig wäre, spezifische Quellen dazu werden nicht genannt, dann wäre der Name Freudenstadt erst sehr viel später endgültig festgelegt worden. Bannasch verweist zu Recht darauf hin, dass der Leinwandplan den Planungsstand von 1601 aufweist.
Keine Urkunde scheint die Namensgebung durch den Herzog zu bezeugen. Normalerweise werden durch den Herrscher mit dem Namen einer Stadt auch die "Stadtrechte" schriftlich festgehalten .... es sei denn, Friedrich betrachtete die zu bauende Stadt als "sein persönliches Eigentum"!
Wer lange sucht, findet zuletzt auch noch die...
Gartenlaube (1899): Zum dreihundertjährigen Jubiläum von Freudenstadt. (26)
Von Alfred Freihofer (13.März 1856 -3.März 1907) - Er war Redakteur des Württembergischen Staatsanzeigers.
Freihofer erwähnt in seinem Artikel in der Gartenlaube die nachfolgende Urkunde von Herzog Friedrich I.:
"Die erste sichere Urkunde
datiert vom
3. November 1601; es ist
ein „Ausschreiben des Herzogs Friedrich, um Unterthanen in
die Freudenstadt einzunehmen“
„Wir, Friedrich von Gottes Gnaden, Herzog zu Württemberg etc., geben allen und jeden, wes Stands und Würden sie seien, hienach zu erkennen, nachdem Wir bei Unsern Bergwerken in St. Christophsthal (welche durch den gnädigen Segen Gottes nicht allein in fruchtbarlichen Anfang allbereits kamen, sondern auch täglich zu mehrerem ersprießlichen Nutzen und Eintrag sich erzeigen) um besserer Bequemlichkeit willen von neuem eine Stadt, die zu bauen angefangen, darin auch eine ziemliche Anzahl von aus- und inländischen Personen zu Bürgern auf- und eingenommen haben, daß Wir demnach solches zu kontinuieren und nicht Unsere zuvor verpflichteten Angehörigen allein, sondern andere Fremde oder Ausgesessene, welche redlichen und ehrlichen Herkommens und Thuns sind, in genannter Freudenstadt bürgerlich einkommen und jedem eine Hofstatt zur Erbauung eines Hauses sammt nöthigem Bauholz, auch etliche Morgen Felder zu Baugütern umsonst und ohne Bezahlung widerfahren zu lassen gemeint seien, welches Wir auf geschehen Ansuchen zu männiglichs Nachrichtung und Wissenschaft hiemit vermelden wollen.
Gegeben zu Dornstetten unter Unserer Handschrift und vorgedrucktem Fürstlichen Sekret-Insiegel, Dienstags den 3. November 1601 Friedrich.(Vergl. auch Sattler, S.229)
Es ist mir nicht gelungen das zitierte Original ausfindig zu machen, vielleicht existiert es auch nicht mehr. Sicher jedoch scheint nun, das spätestens zum genannten Zeitpunkt 3.11.1601 die "Stadt ob Christophstal" FREUDENSTADT genannt werden sollte.
Auf die benannte Urkunde weist auch M. Eimer(42) 1935 und 1937(43) hin, der auf zahlreiche weitere Fakten aus den Anfangsjahren aufmerksam macht.Anmerkung: Eimer
Die
Namensgebung "Freudenstadt" stammt nach Eimer von Friedrich, in der "Erwartung"
der Neuankömmlinge. Bei
der Grundsteinlegung für die Kirche (1.Mai 1601) habe man
einen Namen für die Stadt gebraucht und diese "Namensfestlegung" als
Urkunde in den Grundstein
eingemauert. Die Anweisung dazu sei einen Tag zuvor an den Forstmeister Gebel (der die
herzogliche Autorität vertrat) gegangen.
(43: Seite 24 ff)
Indirekt bestätigt auch
von Pfarrer Georg Hengher in seiner Württembergischen Chronik, S. 287 -
Handschrift in der Staatsbibliothek.
In der Beschreibung des Oberamts Freudenstadt von 1858 findet man im Abschnitt "Geschichte" folgenden Hinweis:
Wegen ihres glücklichen Gedeihens wurde die Stadt noch unter ihrem Gründer die „Freudenstadt“ genannt.
Dies kann jedoch schon deshalb nicht richtig sein, weil zum Zeitpunkt der Namensgebung (1601) so gut wie keine vertriebene Neuankömmlinge vorhanden waren und die Stadt sich noch in der allerersten Aufbauphase befand.(4, Seite 15)
Die Nennung "Frewdenstatt" kommt auch bei Cellius zum 01.01.1603 vor - siehe den Beitrag: Glückwünsche an den Herzog. (33)
In späteren Erwähnungen (1603) durch Herzog Friedrich finden wir durchgängig die Schreibweise "Frewdenstatt", so auch bei der Abtretung eines Teils des "Waldgedings" von Dornstetten an Freudenstadt.(42)
Ebenso beim Transfer der Glocke von Murrhardt zur Stadtkirche in Freudenstadt.(38)
Herzog Friedrich gebraucht auch in einem Schreiben vom 25. Mai 1604 an die Stadt Esslingen den Namen "Frewdenstatt".
So bleibt nur noch die Frage offen, was ihn 1601 bewogen hat, "Freuden-" in den Stadtnamen einzubauen?
Dachte er an seine höchst "persönlichen" Erlebnisse, die er während der Gründungsphase vor Ort erlebt hatte? Näheres dazu folgt weiter unten im Text!
Wie Dr. H. Rommel (4, Seite 17-18) zum 350. Namenstag von Freudenstadt aber schon darlegte, war es keineswegs "außergewöhnlich", diesen emotionalen Begriff in eine Namensgebung von Ortschaften einzubeziehen. Er verweist auf weitere Ortsnamen, die "Freude..." beinhalten.
4. Kapitel - Baujahre und erste Probleme
Gesichert ist, dass der Basler Bergrichter Melchior Höher den Bau einer eigenen Siedlung für die Bergleute im Christophstal empfohlen hatte. Höher wurde 1596 in Giromagny von Schickhardt aufgesucht, weil es schwierige Entwässerungsprobleme zu beheben gab. Höher wurde danach nach Christophstal berufen und zum Leiter der Bergwerke ernannt.(15)
Das wiederum beweist, wie wichtig dem Herzog ein funktionierender Bergbau war.Bei Planung und Bau der neuen Stadt ging es also auch darum, das Wohnungsproblem für die Bergleute zu lösen! Der empfohlene Plan von Höher, ein Ausbau im Tal, wurde aber vom Herzog verworfen.
Also müssen wir uns die Bauabschnitte der "Stadt ob Christophstal" genauer anschauen. Welche Häuser waren in der ersten Bauphase - für wen - errichtet worden?
Laut den Eintragungen auf Schickhardts Bauplan suchten:
1 Wirt, 3 Zimmerleute, 2 Maurer, 2 Bäcker, 1 Schneider, 1 Schmied, 2 Glaser, 1 Schuhmacher, 1 Bauverwalter und 3 Bergarbeiter aus dem Christophstal einen neuen Wohnraum. (43)
Häuserskizzen aus dem Dreizeilenplan

Schickhardt sah offensichtlich vorrangig 3stöckige Häuser vor, teils giebel-, teils traufständig mit "Zwerchhaus". Das Nebeneinander beider Formen legitimiert die für den Wiederaufbau gewählte Gestaltung.
Der gewählte Bauplan hatte in seiner schönen Geometrie von Anfang an aber auch zwei große Nachteile:
1. Die große Feuersgefahr der zum größten Teil aus Holz gebauten Häuser ohne ausreichenden Abstand und zunächst unzureichender Wasserversorgung. (Der Stadtbrand 1632 wütete, begünstigt vom Wind, über 20 Stunden)
2. Die Beschreibung des Oberamtes Freudenstadt von 1858 macht es mit folgenden Worten deutlich:
"So schön sich die Anlage der Stadt auf dem Grundrisse ausnimmt, so unzweckmäßig erscheint sie bei näherer Prüfung in der Wirklichkeit, indem nur die auf dem Marktplatze stehenden Wohngebäude eine freie Aussicht bieten, während die Bewohner der hinteren Häuserreihen die mit Cloaken versehenen Hinterseiten der Vorderhäuser im Auge haben, wozu noch der weitere Übelstand kommt, daß die wegen Mangels an Hofräumen hinter den Häusern auf der Straße angebrachten Düngerstätten die wünschenswerthe Reinlichkeit der Ortsstraßen beinahe unmöglich machen."
(33)
Das war auch 300 Jahre nach der Stadtgründung noch ein Problem - Siehe dazu auch Hartranft, S.51(35)
Die Kirche als "Eckbau" im quadratischen Viereck von Freudenstadt hat durch ihre architektonischen Auffälligkeiten einen ganz besonderen Stellenwert. Aber auch ihre Entstehungsgeschichte weist Besonderheiten auf.
So soll sie nach dieser Quelle (39) auf die Erfüllung eines Gelübdes des Herzog zurückgehen, das dieser in großer Seenot bei seiner Englandreise geleistet habe. (Näheres: Siehe die Seite "Die Englandreise des Herzogs".)
Immer wieder liest man, dass die Bergleute aus dem Christophstal und Freudenstädter Stadtbürger Probleme miteinander gehabt hätten.
Das kann nicht verwundern, da unter den hygienischen Realitäten der mittelalterlichen Städte das Christophstal wohl am meisten zu leiden hatte. Wasser, auch Abwasser, fließt nun mal den Berg hinunter! Es hat denen da unten wohl zu sehr "gestunken" was von oben kam!
Wer sich von diesen hygienischen Problemen ein genaueres Bild machen möchte, dem sei ein Besuch des Germanischen Nationalmuseums in Nürnberg empfohlen.
Kapitel: Stadt und Land: (28)Ein weiterer Grund war aber auch in den unterschiedlichen Auslegungen von Bergrechten und Stadtrechten der jeweiligen Bevölkerungsgruppe zu suchen.(43)
Das Original des Hüttenmännle ist 1945 verbrannt, eine Kopie davon findet man im Bärenschlößle.
Im November 1601 erschien die oben genannte Ausschreibung für Ansiedlungswillige, denen Bauplatz, Holz und Felder versprochen wurde. Es kamen viele protestantische Glaubensflüchtlinge. Darunter waren auch etliche Bergarbeiter, die besonders willkommen waren.
(35)Da viele Neuankömmlinge nur slowenisch sprachen, gab es bald auch einen slowenischen Pfarrer.
Die Beschreibung des Oberamtes Freudenstadt vergisst nicht zu erwähnen: "Bald war auch ein bereits am 13. Juli 1602 eingeweihter Galgen errichtet" (33) und (35, Seite 14), auch (42),(43)
So führte man den Bürgern von Anfang an die herrschaftliche Befehls- und Richtergewalt vor Augen!
"Im Jahr 1602 fand auch die erste Hinrichtung statt, in einer Chronik geschildert von Georg Hengher, nachmaliger Pfarrer in Freudenstadt."(34), (43)
Das erste Opfer war ausgerechnet ein betrügerischer Zimmermann, der am Bau des Galgens beteiligt gewesen war.
1603 erhielt Freudenstadt sein Wappen (das wohl eher dem von Hartranft benutzten entsprach) und den ersten Bürgermeister, zwei Jahre später wurde die "Gemarkung" festgelegt und Teile des Dornstetter- und Baiersbronner "Waldgedings" abgetrennt. .
Dornstetten und Baiersbronn bestanden also schon vor der Gründung Freudenstadts. Das gilt auch für viele heutige Stadtteile und Nachbarorte von Freudenstadt.
So stand auf dem Kniebis schon um 1250 eine Kapelle eines Herrenalber Mönchs und 1278 ein Franziskanerkloster.
Musbach existierte schon 1274 als "Muoasbach" und Dietersweiler wurde 1347 als "Dietrichsweiler" urkundlich erwähnt.
Wittlensweiler kam 1473 an Württemberg.
5. Kapitel - Wappen

Eigentlich müsste zur Wappenwahl 1603 auch eine "Namens-Urkunde" existieren, es lassen sich aber dazu keine Hinweise finden.
Ein seltener "urkundlicher" Hinweis taucht bei Rudolf Metz in seinen "Mineralogisch-landeskundliche Wanderungen im Nordschwarzwald" auf. Demnach existierte 1612 schon ein "amtliches" Siegel der Stadt Freudenstadt.
Metz beruft sich bei seiner Abbildung auf Unterlagen des Landesarchivs in Karlsruhe.(27)
Die gleiche Abbildung taucht auch im Buch von M. Eimer (43) auf, allerdings ohne Quellenhinweis.
Das heute geltende Wappen wurde wohl nach dieser Vorlage gestaltet - oder aber Siegel und Wappen beruhen auf einer noch älteren gemeinsamen Vorlage.
Stadtschultheiss Hartranft benutzt 1913 in seiner Beschreibung des "Höhenluftkurort Freudenstadt im Württembergischen Schwarzwald" noch das links stehende Wappen, das eindeutig die "Festungsstadt" symbolisiert. Er nennt sie auch "Bergstadt Freudenstadt"(35 - Seite 3)
Heute jedoch gilt das rechts stehende
Wappen.

Das "F" steht für den Stadtnamen und passt sowohl für "Friedrichsstadt" als auch "Frewdenstadt"
6. Kapitel - Bergstadt oder Großstadt?
Um 1603 standen in Freudenstadt erst drei Häuserreihen. Da sich der Zuzug von Bewohnern gut entwickelte, ordnete Herzog Friedrich I. eine Vergrößerung um zusätzliche zwei Häuserreihen an. Es sollte damit Platz für insgesamt etwa 2500-3500 Einwohner geschaffen werden. (Die genaue Zahl ist in der Literatur umstritten - es werden verschiedene Berechnungsgrundlagen angewandt.) Hertel(in: 45) berechnete fälschlich, dass Freudenstadt für bis zu 3.500 Einwohner angelegt wurde und somit nach Maßstäben des 16. Jahrhunderts eine Großstadt geplant worden wäre.
Die erste Planung (Dreizeilenplan) sah aber – je nach Art der Berechnung – 312, 338 oder 375 Bürger vor, was ungefähr der damaligen Größe von Blaubeuren entsprach. Blaubeuren nahm 1598 hinsichtlich seiner Größe Platz 23 der 64 württembergischen Städte ein. Freudenstadt war also nach der ersten Planung und von seiner Größe her weit davon entfernt, eine "Hauptstadt" zu werden. Vergleiche dazu:(44)
Wenn man von den Planungen ausgeht, deutet nichts darauf hin, dass Herzog Friedrich im Sinn gehabt haben könnte, eine neue "Residenzstadt" zu gründen. Er dachte eher an eine neue Handelsstadt und an ein Bindeglied auf dem Verkehrsweg zwischen Stuttgart und Mömpelgard. Siehe dazu M. Eimer, Seite 43. (43)
Schickhardt erstellte also 1603 nach Auftrag des Herzogs den Fünfzeilenplan.
Herzog Friedrich I. war jetzt 46 Jahre alt. Als er fünf Jahre später (1608) an einem Schlaganfall starb, war dieser Plan nicht annähernd umgesetzt. Schon der Ausbau auf die vierte Häuserzeile war auf der Christophstaler Seite, wegen des abfallenden Geländes, als nicht umsetzbar befunden worden. Das galt später auch für den Bau der Stadtmauer. Diese Seite blieb immer dreizeilig.
Die Bürger der Stadt baten seinen Nachfolger, Johann Friedrich von Württemberg (1582-1628) die Bebauung der fünften Häuserzeile wegen der Kosten aufzugeben. Das gleiche geschah mit den Plänen für den Bau des Schlosses.
Aus diesem Grund hat Freudenstadt heute neben der Stadt Heide den größten unbebauten Marktplatz in der Stadtmitte.
1616 erfolgte mit dem Weiler "St. Christophstal" die erste Eingemeindung in die junge Stadt.
Freudenstadt besaß lange Zeit keine Stadtmauer. Auch dieser Plan von 1612 wurde nur in Stücken umgesetzt und nie fertiggestellt.
Der Freudenstädter Bürgermeister bat Herzog Johann Friedrich I. im Jahr 1619 vergeblich um eine Stadtmauer.(42)
Die Stadt war zu arm, um eine Befestigung selbst zu finanzieren, deshalb wurde in den folgenden Jahren (ca. 1627) ein Bretterzaun rund um die Stadt gebaut. Auf dem Merianstich von 1643 ist dieser Zaun gut zu erkennen.(6)

Es war der Krieg (1618-1648) angebrochen, dem auch Schickhardt auf tragische Weise zum Opfer fiel.
Er wurde das Opfer kaiserlicher Soldaten, die in seinem Heimatort Herrenberg plünderten. Er starb 1635 in Stuttgart an den Folgen einer Stichwunde, die er erhielt, als er eine Verwandte schützen wollte. Zur Behandlung war er nach Stuttgart gereist.
Das erste große Unglück erlitt Freudenstadt im Jahr1632. Im Gasthaus "Zum Güldenen Barben" am unteren Marktplatz brach ein Brand aus, der sich wegen der Anordnung der Fachwerkhäuser in Häuserzeilen schnell ausbreitete.
Heinrich Schickhardt vermerkte seinem Rückblick 1635 zu dem Ausmaß des Schadens:
"(Statt von Newem erbautt) Auff den 24. Maii anno 1632 ist in der Fredenstatt eine ershröckhliche brunst außgangen, [darin sind 3 Personen gestorben und 144 Häuser abgebrannt. Das Feuer ist in der Herberge zum Güldenen Barben ausgebrochen, welches das erste Haus überhaupt in dieser Stadt war. Es ist ein Überschlag gemacht worden, dass sie zu Erbauung der abgebrannten Häuser samt 8 Scheuern bedürfen an Eichen- und Tannenbauholz: 18.577 Stämme, Bretter 44.125 und Latten 44.350.“(4)
Der Aufbau der Stadt musste also fast von neuem begonnen werden und er benennt die Stadt immer noch als "Fredenstatt".
Dass am Aufbau der Stadt festgehalten wurde und sie allmählich wuchs, hat sie unter anderem ihrer strategischen Ortslage zu verdanken.
Man muss nur auf die Landkarte schauen und sich die Frage stellen: Welche Reisewege bestanden zwischen Stuttgart und Mömpelgard? Wie kommt man vom Neckar aus über den Rhein? Eine der ältesten geschichtlichen Routen führte über den Kniebis! Wie lange war man mit den Pferden unterwegs? (Karte: Siehe unten)
Bot sich da ein Ort in der Nähe von Christophstal, dem herzoglichen Besitz, nicht als ein "idealer" Ausgangspunkt in doppelter Funktion an, bevor man sich den Mühen eines Aufstiegs zur Alexanderschanze aussetzte, die schon damals eine strategische Bedeutung hatte? Siehe dazu auch M. Eimer, 1935 (42)
Bevor an eine Stadtgründung gedacht
wurde, war das "Amt Dornstetten" für den Herzog der letzte Halt vor dem dunklen
Wald.
Zu Pferd von Dornstetten bis Oppenau (der nächsten Reisestation) an einem Tag ist mehr als eine gewaltige Herausforderung!
Vor allem muss man bedenken, dass die Verbindung im Winter durch die Schneelage oft monatelang unterbrochen war. - Das Kloster auf dem Kniebis war 1513 vollständig abgebrannt, danach wegen der Bauernkriege nur schleppend erneuert und 1544 aufgegeben worden. Aus den Ruinen wurde ein einziges Zoll- und Gasthaus errichtet.
- Das war für Reisende ein "Notunterkunft" und konnte keineswegs als Gastunterkunft für eine herzogliche Reisegruppe dienen. -
Um 1600 befanden wir uns noch mitten in der "Kleinen Eiszeit" mit ihren langen und harten Wintern.
Wir müssen auch die Tatsache berücksichtigen, dass erst am 28. Oktober 1606 die Steigstraße zwischen Oppenau und Kniebis fertiggestellt war, die eine Überquerung des Schwarzwaldes etwas sicherer machte und den Weg für Karren ermöglichte. Damals gab es auch noch Wölfe und Bären!
Die Steigstraße überwand auf einer Länge von acht Kilometern zwischen Oppenau und dem Kniebiskamm einen Höhenunterschied von über 600 Metern und wies Steigungen von teilweise über 20 Prozent auf.
Die Route der heutigen "Oppenauer Steige" verläuft nicht auf dem ursprünglichen Ausbau!
Die Bauaufsicht hatte wiederum Elias Gunzenhäuser, der ja auch wesentlich an der Freudenstädter Stadtkirche beteiligt war. Weil dieser Reiseweg so wichtig war, wurde Heinrich Schickhardt nach Oppenau entsandt, um nach dem großen Stadtbrand vom 30. August 1615 die völlig zerstörte Stadt wieder aufzubauen.
Schon gleich nach der Übernahme der Herrschaft Oberkirch, kurz nach Friedrichs Amtsantritt, hatte dieser den Kniebisweg zur Fahrstraße ausbauen lassen. Über das Hochmoor auf dem Kniebiskamm wurde ein 12500 Fuß ( ca. 3800 Meter) langer Bohlenweg verlegt. Wie wichtig dem Herzog die Kniebis-Verbindung war, zeigt seine Anweisung, selbst im Sommer, als landwirtschaftliche Arbeiten zu erledigen waren, weiterzumachen.
»Die von Oppenau sind schuldig, die Staig zu erhalten und gut zu machen, das wöllen wir haben, dass sie solches thunndt. Wir lassen uns nicht Brillen sch….« (was wohl nicht schenken, sondern scheißen bedeuten soll). (17)
Treffender lässt sich der absolute Herrscherwille des Herzogs nicht belegen. Alles spricht dafür, das dem Herzog eine Stadt als Ausgangspunkt für die Schwarzwaldüberquerung fehlte. Dafür spricht auch die Einrichtung der Kurierpost, 1603, von Stuttgart nach Mömpelgard - über Nagold und Freudenstadt!
Ist es da nicht sehr wahrscheinlich, dass die Überlegungen zum Ausbau des Reisewegs, mit zu der Gründung von Freudenstadt beigetragen haben?
- Siehe dazu auch M. Eimer, 1935 (42), (43) und vor allem: Josef Börsig, Geschichte des Oppenauer Tales, um 1950, Seite 239 ff. (17)
Der Nutzen des neu geschaffenen Ausgangspunktes wird 1605 demonstriert. Da zog der Herzog mit Hofkapelle nach Oberkirch, das ihm vom Domkapitel Straßburg verpfändet worden war. In Freudenstadt machte er Zwischenstation. (17), (40)
Friedrich konnte also mit dem Plan zur Stadtgründung mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen.
Denn zusätzlich muss angenommen werden, dass er den neuen Ort als seinen persönlichen "Rückzugsort" plante, bei dem die Landesstände keinerlei Mitspracherechte gehabt hätten.
Zwei Gründe sprechen für die Ortswahl:
1. Die
Nähe zum herzoglichen Besitz, dem Bergbau im
Christophstal, und
2. die Anbindung an den Reiseweg nach Mömpelgard.(So auch Sattler, S. 257) (Vergleiche auch 37), (43) , (17)
8. Kapitel - Friedrich und die Kupplerinnen
Mit der Landesvertretung lag Friedrich seit Beginn seiner Regierungszeit im Streit, ja er hasste die Volksvertreter geradezu. Sie brachten ihm einfach nicht den nötigen "Respekt" entgegen. Sie wiederum standen ihm äußerst kritisch gegenüber, er war für sie ja derjenige, der aus Frankreich (Mömpelgard) kam und sehr viel "französische Lebensweise" mitbrachte, die in vielen zeitgenössischen Quellen und auch von der Kanzel herunter zum Teil heftig kritisiert wurde.
Wie sehr sich doch "höfisches Leben" von dem des "Volkes" unterschied! - Nur: Letztlich musste das "Volk" es finanzieren. Mit Sicherheit wurde aber der neue Lebensstil auch bewundert und von denen, die es sich leisten konnten, auch übernommen. Dies belegen Mode und Bauten aus dieser Zeit.
Für ein Leben in einer neuen "Hauptstadt Freudenstadt" hätte Friedrich aber seinen Lebensstil völlig umgekrempeln müssen, für ein höfisches Leben fehlten dort alle Voraussetzungen.
Außerdem hätte es noch Jahrzehnte gedauert, bis eine entsprechende Stadtstruktur entstanden wäre.
(Vergleiche auch: 37)Wo wären seine Treffen im Lusthaus, seine "Labors", seine Jagd- und Badeausflüge geblieben und welche Rolle hätten seine Hauptstädte Stuttgart und Mömpelgard dann noch gespielt? Man kann es als "sicher" annehmen, dass dem Herzog diese Umstände voll bewußt waren.
Sein städtisches Leben war immer auch mit seinem Privatvergnügen eng verbunden.
So auch in "seiner" neu gegründeten Stadt "Frewdenstatt"
Die Uracher Kupplerin, Magdalena Möringer, die das nötige Personal für den Herzog bei seinen Jagdausflügen für ihn bereit gehalten hatte, war nach des Herzogs Tod wegen ihrer Dienste in Lebensgefahr geraten. Sie wurde schon einen Tag nach des Herzogs Tod verhaftet und in Urach eingekerkert, weil sie zu viel hätte verraten können.
Es war dem Fürstenhaus allzu peinlich geworden, mit der Lebensweise von Friedrich konfrontiert zu werden. Hatte doch der Hofprediger Erasmus Grüninger schon bei der Leichenpredigt für Friedrich dessen "unzüchtiges Leben" gerügt.(30)
Grüninger wurde auch für seine Predigten im "Sündenregister und
Tugendzettel" berühmt.
M. Möringer hatte gute Kontakte zum Herzog
und handelte (gut bezahlt!) in seinem Auftrag. Sie war auch, zum Leidwesen der
Herzogin, bei der Ordensverleihung in Stuttgart dabei. Ihre
Anwesenheit und ihr Auftreten haben wohl zu dem unversöhnlichen
Hass von Sibylla und ihrem Sohn gegen sie beigetragen.
Sie musste durch jahrelange Kerkerhaft ohne konkrete Anklage für "ihren Gehorsam" gegenüber dem Herzog büßen und verlor all ihr Hab und Gut.
Sie blieb aber (nach einem vergeblichen Selbstmordversuch) trotzdem streitbar und verdankt die Rettung ihres Lebens letztlich ihrer Courage und dem Reichskammergericht in Speyer.
Ihr Prozess gegen das Fürstenhaus Württemberg verdeutlicht, dass der Versuch der "Ehrenrettung" Friedrichs auch die geplante "Hinrichtung" Unschuldiger beinhaltete. Tatsächlich verloren bei ihrem Prozess einige "Randfiguren" wie Gefängnisaufseher ihr Leben, weil sie wissentlich oder unwissentlich der Eingekerkerten geholfen hatten.
Zusätzlich zu Magdalena Möringer machte Melchior Jäger (wieder "Geheimer Rat" unter Friedrichs Nachfolger) nach Friedrichs Tod in einem Gutachten auf weitere Frauen in Friedrichs Umfeld aufmerksam:
Zum Beispiel auf eine Tübingerin, die im "Harnischhaus" (damit war wohl das Lusthaus in Stuttgart gemeint) wohnte, auf Anna Cogarnix, die unter den Zugewanderten in Freudenstadt zu finden war oder auch auf eine Hausschneiderin aus Heidenheim.
Letzterer attestiert Jäger eine "Leidenschaft", die er "verbrecherisch" nennt. Wohl deshalb, weil sie den Herzog zu sehr an sich binden konnte. Alle drei landeten nach Friedrichs Tod im Kerker der Festung Hohenurach. Insgesamt hatten man acht Kupplerinnen verhaftet.
Dort wollte man sie ohne konkrete Anklage mundtot machen. Den Mätressen des Herzogs erging es dagegen besser, die meisten wurden nämlich verheiratet. Sie kamen ja auch aus "besseren", zumindest bürgerlichen, wenn nicht adligen Kreisen.(48, Seite 346)
Außerdem wird eine "Schulmeisterin" namens "Ketterlin" in Freudenstadt genannt, die dem Herzog "zu Diensten" war und die nach Jäger "unterschiedlich abgestraft werden müsste"!
Sie und ihr Ehemann hatten sich geweigert dem Wunsch des Fürstenhauses zu folgen. Er wollte nämlich, dass sie Freudenstadt und das Land verlassen! Letztlich begnügte man sich aber mit einem "Schweigegelöbnis", das offensichtlich sehr wirksam war.
Siehe Anmerkungen: Die Kupplerinnen und hier: (47).In Freudenstadt wurde nämlich dazu später auch keinerlei Aktenmaterial gefunden und nur durch ein Versehen im Umgang mit den Briefen der Herzogin kam dieser Vorgang ans Tageslicht.
(45, siehe Hertel, Seite 79)
Hertel benennt in seinem Aufsatz "Zarte Bande Herzog Friedrichs zu Freudenstadt" (4:) die Schulmeisterin fälschlicherweise mit "Kreterlin" statt Ketterlin (Siehe 49, Seite 56) und nimmt an, dass ...
"diese Exulanten aus besonderer Dankbarkeit für die Freundlichkeit des Herzogs in dieser Weise ihre Dankesschuld abzutragen" versucht hätten! - Wer die "Kreterlins" gewesen wären, hält er für ein bleibendes Geheimnis.
Hertel versucht auch des Herzogs Verhalten dadurch zu relativieren, indem er auf die harte Kindheit Friedrichs hinweist. Er sieht Friedrichs Haltung gegenüber Frauen durch dessen Mutter verursacht. Sie sei unfähig gewesen, ihr Kind zu lieben.
Aber es geht hier nicht um "Dankesschuld" oder um "sündiges Verhalten" der Frau(en) und auch nicht um verborgene Rachsucht gegenüber der Mutter, sondern allein um den Machtmissbrauch des Herzogs gegenüber Frauen, und zwar nach seinem Belieben.
Auch in Freudenstadt hatte er eine Kupplerin angewiesen, ihm geeigenete "Partnerinnen" zu besorgen.
Anders als die verwitwete Magdalena Möringer führte die Freudenstädterin Margaretha Matthiä, geb. Huber, ein bürgerliches Leben, stammte aus Tübingen, war 1608 etwa 30 Jahre alt und Ehefrau des lateinischen Schulmeisters (=Präzeptor) in Freudenstadt, Johannes Matthiä, der sich "Saxo" nach seiner Herkunft aus Sachsen nannte.
M. Eimer berichtet, dass der Herzog 1605 sogar Taufpate bei diesem Ehepaar war und einen Silberbecher schenkte.
Frau Matthiä hätte sich beim Herzog sehr dafür eingesetzt, dass ihr Mann die Stelle als Organist bekommen hatte, obwohl er überhaupt nicht singen konnte. 1608 war er aber schon nach Dornstetten versetzt worden, dort sei der Sohn Hercules Felix getauft worden. (43, Seite 56)
Sie war etliche Jahre Hofköchin und zuletzt in Klosterreichenbach. Sie könnte auch bei der Stadtgründung für Friedrich als Köchin tätig gewesen sein.
Am 14. Februar 1608 wurde das Ehepaar Matthiä vom Obervogt und Untervogt in Freudenstadt ohne Angabe von Gründen im Schulhaus arretiert. Sie war zu diesem Zeitpunkt hochschwanger und seit zwölf Wochen bettlägrig.
Am 20. Februar habe sie der Stadtknecht die Stiege hinabgeführt, auf einen Schlitten gesetzt und über den großen Marktplatz, wo gerade Wochenmarkt war und zahlreiche Marktbesucher das Spektakel beobachten konnten, zum Gefängnis gefahren. Dort wurde ihr eine große Kette um ihren rechten Schenkel gelegt und dermaßen eingespannt, dass ihr Fleisch angefangen habe, blau und schwarz zu werden.
Ihrem Ehemann nahm man seine Stellung als Präzeptor an der Schule. Sein Gehalt wurde einbehalten, ihr Mobliar beschlagnahmt und später weiterverkauft.
Am 21. April kam Margaretha nach Dornstetten und wurde dort 28 Wochen lang gefangen gehalten. In dieser Zeit starb ihr Mann und das am 10. Juli geborene Kind.
Sie unterschrieb schließlich unter Zwang die "Urfehde".
Dies bedeutete, dass sie zugab, "sträflich" gehandelt zu haben. Auch verpflichtete sie sich, das Land zu verlassen und auf alle Klagerechte gegen die Obrigkeit zu verzichten. Sollte sie gegen dieses Abkommen verstoßen, würde sie als Meineidige erneut belangt und bestraft werden, wurde ihr angedroht.
Ähnlich wie bei den Geständnissen der sog. Hexen, wurde ihr "sträfliches Handeln" untergeschoben, denn sie hätte Seyfried Gall von Rudolfseck, den Obervogt zu Freudenstadt, den Pfarrer M. Andreas Vehringen und den geistlichen Verwalter Hans Conrad Studion "verleumdet" und auch sonst "hochsträflich gehandelt". Worin dieses hochsträfliche Handeln bestand, wurde aber nicht benannt.
Das Ehepaar Matthiä klagte, wie noch zwei andere verhaftete Kupplerinnen, vor dem Reichskammergericht in Speyer auf die Unrechtmäßigkeit ihrer Verhaftung und bekam Recht.
Am 8.6.1616 starb Margaretha. Das Verfahren, nun seit acht Jahren vom Fürstenhaus verschleppt, wurde daraufhin eingestellt.
Ähnlich erging es auch den anderen Kupplerinnen, die in Speyer geklagt hatten. Alle Belege, dass sie auf "Befehl" des Herzogs gehandelt hatten, nutzten ihnen nichts. Das Fürstenhaus kam darum herum, irgendeine Art von Wiedergutmachung leisten zu müssen. Das Leben der "Dienerinnen für den Herzog" und das ihre Familien war für immer zerstört. (50, Seite 68)
Eine andere Quelle berichtet: Gleich nach Friedrichs Tod...
"zog man die Kupplerinnen und Buhlerinnen des verstorbenen Herzogs ein und verhängte eine Untersuchung über sie, welche aber zu solchen Ergebnissen führte, dass die Räte in ihrem Bedenken (7. Julius 1608) erklärten, es sei weder tunlich noch ratsam, gegen jene Personen mit aller Strenge zu verfahren, denn wenn die Sache allzu bekannt werde, könnte dem verstorbenen Herzog und dem fürstlichen Hause zu viel Verkleinerung daraus erwachsen, in einer Menge Familien hohen und niedern Standes Zwist, Trennung und Zerüttung entstehen, auch den Calvinisten und Papisten zu allerlei Reden und Schriften Anlass gegeben werden."
Karl Pfaff, (48, Seite 346) und (49, Seite 56)
Auf ein ähnlich erzwungenes Schweigen und Vorgehen stößt man auch bei der Geschichte der Hexenverbrennung von 1603 in Freudenstadt.
Zu diesem Fall "Anna Schumacher" siehe die Beiträge "Galgen- und Hexengeschichten".
Beachtenswert in diesem Zusammenhang bleibt die Umkehrung der Schuldzuweisung: Immer sind die Frauen schuldig und müssen bestraft werden, wenn der Herzog sich ihrer bedient hatte!
Friedrichs Politik wird noch heute mit viel Ehrerbietung und Bewunderung betrachtet, weil er als "Mann von Welt" galt, der viele Kontakte zu anderen Herrschern knüpfte und Württemberg über dessen engen Tellerrand hinausschauen ließ und ein erstes "Kernland" Württemberg formte.
Der "Mensch" Friedrich aber war schon zu seinen Lebzeiten sehr umstritten. Vielen galt er als viel zu selbstsüchtig, was einige seiner Ratgeber und Alchemisten geschickt auszunutzen gelang.
Er sprach mehrere Sprachen, hatte in Tübingen studiert und
war sehr an den Naturwissenschaften interessiert und ein Sammler
von Kunstwerken. Auch seine
Reisen bezeugen den Blick über die württembergische Grenzen
hinaus. Er war in Böhmen, Dänemark und Wien
(u.a. auf Brautschau), später auch
in Paris, England und Rom.
Auf keine seiner Reisen hat ihn seine Frau begleitet.
Er unternahm mehrere Anläufe in England (ab 1592), erst persönlich, dann durch Boten, um den Status eines Ritters des Hosenbandordens zu erlangen, was ihm außerordentlich wichtig war.
Elisabeth I. ließ ihn jedoch
warten. Kaum war sie gestorben (24.3.1603), schickte Friedrich
seinen Gesandten "von Buwinghausen" zu König Jakob. Der
entschloß sich, die Ordensaufnahme des Herzogs endgültig zu
vollziehen. Eine Delegation aus England
verlieh ihm im Auftrag des Königs bei der Investur
zwischen dem 2. und 14. Oktober 1603 in Stuttgart diese Ehrung.(12)
Der finanzielle Aufwand zur Feier unterstreicht die Bedeutung des Ordens für Friedrich:
Seit 1599 war das Württembergische Herzogtum nicht länger ein Afterlehen des österreichischen Herzogs. Die Afterlehensschaft stellte einen Prestigeverlust und eine Unsicherheit für die Herrschaft der Württembergischen Herzöge dar. Unter der Afterlehensschaft war Württemberg nicht mehr dem Kaiser des Heiligen Römischen Reiches unterstellt, sondern pro forma Vasallen der österreichischen Herzöge gewesen.
Deshalb sah Friedrich in der Ordensmitgliedschaft nicht nur einen persönlichen Prestigegewinn sondern auch eine Art "stille Rückendeckung" durch England gegenüber den Habsburgern.
Näheres in den Beiträgen "Reise nach England" und "Ritter vom Hosenbandorden".
Die Verleihung wurde in Stuttgart groß gefeiert. Bei dem mehrtägigen Fest sind einem zeitgenössischen Bericht zufolge über 6.000 Ochsen und 140.000 Liter Wein konsumiert worden. Die Kosten von 60.000 Gulden entsprachen einem Viertel des Landeshaushalts.
(19)
(Vergl.
Sattler, Seite 256 ff)
Siehe dazu auch: Sattler, S. 283. Demnach hatte sich Friedrich schon ein Jahr vor der Überreichung - 1593 und 1602 -mit den Ordensabzeichen abbilden und Münzen prägen lassen! Links: Fig.32 - 1593 - Rechts: Fig.26 - 1602
Dass der Herzog auch mit Anspielung auf seine "Weltoffenheit" zu feiern wusste, beschreibt M. Jacob Frischlin mit seinem Bericht über die "Indianer-Faschingsfeier" des Herzogs (1599). (29 ) und Sattler, S. 283.
Der kritische Blick lag wohl in der Familie Frischlin. So kann es nicht wundern, dass der Bruder "Nicodemus Frischlin", Tübinger Professor und Gelehrter, bei Hof und den Adligen wegen seiner Kritik am höfischen Leben in Ungnade gefallen, bei seinem Fluchtversuch von der Burg Hohen-Urach 1590 ums Leben gekommen ist. (31)
10. Kapitel - Bedeutung der Erzgewinnung
Dass am Aufbau der Stadt festgehalten wurde und sie allmählich wuchs, hat sie auch den Begehrlichkeiten der württembergischen Fürsten zu verdanken.
Auf die Gewinnung von Erzen im Christophstal, insbesondere (zeitweise) von Silber, setzten die württembergischen Herzöge große Hoffnungen. Der ursprüngliche Grund, dass hier überhaupt Bergbau betrieben wurde, lag am ständigen Streben der Herzöge nach Autarkie in Rohstoffen.
Letztlich ist es allein diesem Streben und den damit verbundenen Finanzspritzen zu verdanken, dass das Freudenstädter Revier so viele Gruben hatte, an denen so lange, wie nur irgendwie möglich, festgehalten wurde.(Vergleiche auch: 37)
Als der Abbau ein reiner Zuschussbetrieb geworden war und keinerlei Gewinn mehr in Aussicht stand, versiegte er prompt. 1672 betrugen die Schulden 30 000 Gulden, der Bergbau wurde vorerst eingestellt. Der Bergbau auf Silber und Kupfer fand erst 1784 mit der Schließung der Grube Dorothea sein Ende. So lange dauerte es, bis die letzte Hoffnung aufgegeben wurde.
Siehe dazu auch M. Eimer, 1935 (42)
Auch Christophstal geriet als Münzstätte in den Strudel der sog. "Kipper- und Wipperzeit" und prägte minderwertiges Geld, den württembergischen "Hirschgulden". Der folgende Beitrag der Deutschen Bundesbank verdeutlicht die Hintergründe (gekürzt):(14)
Die Kipper- und Wipperzeit von 1618 bis 1623
„Der größte und unerträglichste
Irrtum ist es aber, wenn der Landesherr oder der Inhaber der
Staatsgewalt aus der Münzprägung einen Gewinn zu ziehen sucht,
indem er nämlich der bisherigen Münze eine neue zur Seite
stellt, die im Korn oder Schrot mangelhaft ist, aber angeblich
die gleiche Bewertung hat“...
so Nikolaus Kopernikus im Jahre 1517. Einhundert Jahre später hätte man sich an diese Worte erinnern sollen. Die sogenannte Kipper- und Wipperzeit war die größte Inflation in der Geschichte des Heiligen Römischen Reichs Deutscher Nation. Zu Beginn des Dreißigjährigen Krieges 1618 begann in Mitteleuropa eine drastische Münzverschlechterung, die bis 1623 anhielt.
Im Jahre 1559 kam es in Augsburg zu einem letzten Versuch, dem Reich eine umfassende Münzordnung zu geben. Es wurde zwar der gesetzliche Rahmen für das Gewicht und den Gehalt der Reichsmünzen und deren Kontrolle geschaffen, jedoch wurde der Münzfuß für die mittleren und kleinen Werte zu hoch angesetzt. Die höheren Herstellungskosten für die Prägung der Kleinmünzen wie Groschen, Schillinge, Batzen, Kreuzer, Pfennige und Heller hatte man nicht ausreichend berücksichtigt.
Während man bei der Vermünzung von ca. 23 kg Silber in Talern noch einen Gewinn von über 14 ½ Gulden erwirtschaftete, verursachte die Ausprägung der gleichen Summe in 3-Pfennigstücke über 46 Gulden Verlust. Der Silbergehalt der Kleinmünzen musste verringert werden.
Mit dem Ausbruch des Krieges stiegen die Rüstungsausgaben enorm. Ganz bewusst ging man jetzt dazu über, die Münzen minderwertig auszuprägen.
Als Rohmaterial für die neuen Münzen dienten die noch im Umlauf befindlichen guthaltigen Exemplare. Auf der Suche nach diesen zogen Aufkäufer durch das Land. Von ihren Praktiken leitet sich die Benennung für diese Zeit ab. Mit Hilfe einer Waage (Wippe) wurden die guten Münzen ausgesondert (gekippt). Mit dem so gewonnenen Silber wurden unter Zugabe von Kupfer neue Münzen geprägt. Der hierdurch entstandene Gewinn war so verlockend, dass man den Silbergehalt der Münzen immer weiter verringerte. Schließlich kamen reine Kupfermünzen auf den Markt.
Als Folge des erhöhten Geldumlaufs belebten sich Handel und Verkehr. Die wirtschaftliche Produktion stieg an. Aber auch die Preise der einzelnen Produkte erhöhten sich rapide. Wer die Möglichkeit hatte, die gestiegenen Preise auf seine Kunden abzuwälzen, tat dies.
Das Geld für den Lebensunterhalt reichte nicht mehr aus. Um die ständig steigende Inflation wieder in den Griff zu bekommen, begann die Obrigkeit in den Jahren 1623-1624 wieder zur alten Reichsmünzordnung zurückzukehren.
Die umlaufenden Kippermünzen wurden für ungültig erklärt und eingezogen. Gleichzeitig wurde neues gutes Geld geprägt und in Umlauf gegeben. Der hierbei entstehende immense Münzverlust ging zu Lasten der staatlichen Kassen.
Zum Glück für Freudenstadt versuchte das Fürstenhaus auch in den Folgejahren noch Gewinne aus dem Bergbau zu erzielen. Nach dessen Blütezeit aber galt:
Statt Gold zu gewinnen wird Messing hergestellt, statt Silber werden Nägel geschmiedet.
Es dauerte noch sehr lange, bis Freudenstadt sich von der "Stadt mit vielen Startschwierigkeiten", zu einer Stadt mit Erholungswert, zu einem "Luftkurort" umgestalten konnte.
Nun müssen wir uns noch den "Alchemisten Friedrich" anschauen.
Mit dem
Schwarzwald waren schon immer "mythische" und "mystische" Vorstellungen verbunden.
Nicht selten spielt der Teufel dabei eine Rolle und in der
Geschichte vom "Brudersloch", eine Höhle in der Nähe von
Kandern, soll ein Einsiedler mit einer absonderlichen
Flüssigkeit aus unedlem Metall "Gold" gemacht haben.
Dieser "alchemistische" Vorgang wird in einer Bannbeschreibung 1688 beschrieben. (Siehe Wikipedia)
Friedrich I. war ein Anhänger der Alchemie und teilte dieses Interesse mit vielen seiner Zeitgenossen, einschließlich des Kaisers. Das belegt auch sein Briefwechsel über alchemistische Erfahrungen mit Graf Wolfgang von Hohenlohe.(13)
Seine Leidenschaft und Neugierde ging so weit, dass er sich 1595 sogar bereden ließ,"Antimonio" gegen eine Krankheit einzunehmen, was ihn fast das Leben gekostet hätte. (Sattler, Seite 220)
Auch
Heinrich Schickhardt liefert uns einen Hinweis auf das
alchemistische Gebaren
seines Herzogs. Im Reisebericht über die Italienreise 1599
finden wir bei der Schilderung des Aufenthalts in Mantua auf
Seite 146 die rechts stehende Bemerkung.
(21)
Friedrich
ließ den polnischen Alchemisten Sendivogius (1605)
auf dessen Durchreise durch Württemberg verhaften.
Auch den Alchemisten Alexander Seton ließ er verfolgen,
nachdem er von diesem bei der vorgeblichen Goldmacherei
hereingelegt worden war (Seton war damals allerdings
wahrscheinlich schon tot). So stellt es Wikipedia dar.
Schon 1598 warb der Herzog den Alchemisten
Hans Heinrich Nüscheler aus Zürich zum Goldmachen an. Wegen
seiner Erfolglosigkeit wurde Nüscheler 1601 inhaftiert und
hingerichtet.
Insgesamt beschäftigte der Herzog zehn Hofalchemisten
(mit ihren zugehörigen Gehilfen), von
denen er fünf hinrichten ließ.(8)
Bild:
Hohnauers Hinrichtung
1597
(Bild:
Lusthaus 1616 - Wiki commons)
Es war 40 Jahre in Betrieb.(13)
Weitere Laboratorien gab es im Stuttgarter Neuen Spital und im
Freihof in Kirchheim unter Teck.(11)
Wer sich dazu ein genaueres Bild verschaffen möchte, dem sei die
Lektüre "Die Goldküche des Herzogs (1595-1606)" von Friedrich
Nick (51)
empfohlen. Dieser nennt alle Hofalchemisten Friedrichs mit Namen
und stellt deren Betrugsverfahren und Schickale ausführlich dar.
Die
Labors wurden aber nicht nur für die Suche nach Goldherstellung
benutzt sondern
auch zum Beispiel zur Analyse von Erzen und Metallurgie. Im
Rahmen dieser Suche nach Bodenschätzen entdeckte man auch die Eignung der Mineralbrunnen in Bad
Boll für Heilzwecke.
Für seine alchemistische Leidenschaft gab Friedrich tausende
Gulden aus, was ihm die Landstände 1599 und auch seine
Frau, Sibylla von Anhalt, zum Vorwurf machten.(9),
(10),
(13)
Unverständlich bleibt bei der
Betrachtung der Alchemietätigkeit von Friedrich, dass es zehn Betrügern
hintereinander gelingen konnte, den Herzog hereinzulegen.Trotz seiner ihm
nachgesagten "Klugheit" hat er sehr viel Geld für einen
unerfüllbaren Traum verschwendet und die Betrüger nicht zu
durchschauen vermocht, obwohl es zahlreiche Warnungen von
verschiedenster Seite gegeben hat.
Jedesmal erlag er der Vorstellung ein "Ausgewählter" der göttlichen Vorsehung zu sein. Als solcher war er natürlich auch nicht an überkommene Gesetze gebunden!
Verbirgt sich dahinter nicht auch eine "Spielernatur", die nahezu "süchtig" war?
In Bezug auf seine Selbstdarstellung warfen ihm schon seine Zeitgenossen übertriebene "Punksucht" vor.
Sibylla hat ihre ebenfalls vorhandene alchemische
Leidenschaft zum Ausbau einer Apotheke fürs "Volk" benutzt und
muss deshalb als die eigentliche Wohltäterin für das Volk angesehen werden.
Sie musste jedoch zuerst die Apothekenkasse, aus der sich ihr
Gemahl bedient hatte, in Ordnung bringen.(32)
Unter dem
Blickwinkel des bisher Geschilderten werden bei Friedrich I.
einige
unterschätzte, lange geheim gehaltene und sehr bedenkliche
Seiten seiner Person sichtbar, die seine Wertschätzung in Frage
stellen.
Er war, wie viele
seiner Zeitgenossen, dem
Aberglauben unterworfen und strebte nach dem "Unereichbaren",
nämlich Gold zu gewinnen. Mit der Suche nach dem "Stein der
Weisen" war auch noch die Vorstellung
verbunden, durch ihn ein
"höheres Leben" (in Richtung der "Unsterblichkeit") erreichen zu können.
12. Kapitel - Das geplante Schloss
Trotz seiner "politischen Fähigkeiten" mit denen es ihm gelang
den württembergischen Besitz deutlich zu erweitern,
war Friedrich eine Person des ausgehenden Mittelalters und ein
Vorläufer des nachrückenden Absolutismus, der absoluten
Gewaltherrschaft und einer, der Frauen nach Belieben
missbrauchte.
So war er auch ein "Herrscher", der skrupellos andere für
seine Fehler büßen ließ.
Seine Untertanen mussten immer gewärtig
sein, dass Widerspruch oder Missfallen auch den Kopf kosten
könnte.
Deshalb besteht eine sehr hohe Wahrscheinlichkeit, dass der
Entwurfsplan des Schlosses in Freudenstadt so etwas war, wie ein
"Gefälligkeitsplan",
an dessen zeitnaher Umsetzung Schickhardt nicht wirklich
geglaubt hat.
"Es haben aber Ihre Fürstlichen Gnaden gewollt, dass hinter und
vor jedem Haus eine Gasse sein und das
Schloss
mitten auf dem Markt stehen soll. Also habe ich einen anderen Entwurf nach Ihrer Fürstlichen Gnaden Befehl gemacht."
(4)
Schickhardt
konnte sich ausrechnen, dass der Bau
eines Schlosses in Freudenstadt zu Lebzeiten Friedrichs
nicht umsetzbar war.
Es darf mit gutem Grund angenommen
werden, dass dies auch dem Herzog bewusst war oder wurde. Zumal ein Leben auf dem Schloss
- oder gar die Funktion als "Hauptstadt" noch jede Menge
zusätzlicher (nicht vorhandener) Infrastruktur vorausgesetzt
hätte.
Am Neuen Schloss ins Stuttgart wurden ca. 50 Jahre gebaut.(1743
-1793)
Friedrich hat ganz sicher auch gewusst, das sein Hofstaat nicht
freiwillig in den Schwarzwald umziehen würde.
Zuallererst mussten 2500 Morgen Wald gerodet
werden!
Woher das Baumaterial für ein Schloss? Auf
welchen Straßen? Mit welcher Wasserversorgung? Wann gibt es
genug zahlungskräftige Bürger? Wovon können die Neubürger leben?
Wo kommen die notwenigen Handwerker her? Wo wohnen diese während
des Aufbaus? Wie können Städter und
Schlossbewohner mit Nahrung versorgt werden? Wo wird das
Hofgesinde untergebracht? Wo stehen die Ställe? Welche
Verkehrsverbindungen bestehen oder müssen geschaffen werden?
Schickhardt
war zwischen 1599 und 1608 an
mindestens 17 anderen Bauvorhaben gebunden. Mehrere
gleichzeitig in einem Jahr. Dazu kam noch die Italienreise mit
dem Herzog 1599, über die er 1600 einen ausführlichen Bericht
verfasste.
Da für die Neugründung einer Stadt
mitten im Wald
zunächst keinerlei "Infrastruktur" bestand und alle logistischen
Voraussetzungen für ein Stadtleben fehlten, kann es nur
die schon oben genannten zwei Gründe für die Ortswahl mitten im Wald gegeben haben:
1. Die
Nähe zum herzoglichen Besitz, dem Bergbau im
Christophstal, und
2. die
Anbindung an den Reiseweg
nach Mömpelgard.(So auch
Sattler, S. 257)
(Vergleiche auch 37),
(43)
, (17)
Für den Herzog gab es schon bald nach Baubeginn offensichtlich andere
Prioritäten. Der geplante Bau eines Schlosses wurde ihm zu teuer oder
zu unwichtig, wahrscheinlich aber beides. Da standen andere Interessen im Vordergrund.
Das bezeugen u.a. auch die Tätigkeiten Schickhardts in den Jahren ab
1600.
Schickhardt wohnte von 1600 bis 1608 in
Montbéliard und erhielt 1603 dort auch das
Bürgerrecht mit Steuerermäßigung.
Er war bis 1607
am Ausbau des Collège universitaire in
Montbéliard, bis 1608 am Neuen Stadtviertel, genannt La
Neuveville, in Montbéliard, 1602 am Modellbauernhof,
genannt La Souaberie, in Montbéliard, von 1601 -1607 am
Bau der Evangelische Kirche Saint-Martin in Montbéliard
beteiligt.
Außerdem hatte er ab 1606 den Auftrag eine
"Neue Stadt hinter dem Schloß Blamont"
(siehe Bild)
zu bauen und schon zahlreiche Vorbereitungen dazu getroffen. Nur der
Tod Friedrichs verhinderte die Umsetzung seiner Pläne!(46)
Dort wäre ein repräsentatives Schloss für Friedrich schon
vorhanden gewesen!
Eine Beschreibung der
Tätigkeiten in Blamont erwähnt Schckhardt schon in seiner
"Italienischen Reise" des Herzogs.
(21, ab Seite 199)
Die Herrschaft Blamont, ca. 14 km Luftlinie von
Montbéliard entfernt, war eine der vier Herrschaften
des Fürstentums Württemberg-Mömpelgard (Montbéliard)
und hatte eine strategisch günstige Lage auf dem Geländevorsprung über dem Tal
der Creuse.
Hinzu kamen Baumaßnahmen in
Württemberg an
anderen Stellen: Kelter in Hedelfingen (1600), Umbau des
Schlosses Wildberg (1600), Schloss Nippenburg bei
Schwieberdingen (1600), Steinbrücke über den Neckar in
Köngen(1600-1602), Pfarrkirche in Hornberg (1602-03), Neues
Schloss in Altensteig (1604), Prinzenbau des Schlosses in
Stuttgart (1605), Verlängerung des Baues des Schlosses
Waldenbuch (1605), Pfarrhaus in Hildrizhausen (1606), Unteres
Schloßportal in Tübingen
13. Kapitel - Der aufgegebene Plan
Was muss Schickhardt unterwegs gewesen sein.
Selbst wenn man davon ausgeht, dass sein Hauptbeitrag
architektonischer Natur gewesen war, können alle diese Bauten
nicht ohne seine zeitweilige Anwesenheit errichtet worden sein.
Dies lenkt aber den Blick auf seine "Baumeister". Wer waren
die "Umsetzer" seiner Pläne. In Freudenstadt war es Elias
Gunzenhäuser. Als dieser 1606 starb, musste Schickhardt
persönlich die Stadtkirche in Freudenstadt vollenden.
Von
Gunzenhäuser ist aber erstaunlich wenig überliefert, wir kennen
nicht einmal sein Geburtsdatum. Beim Bau des Pfarrhauses in
Nufringen (1599) wurde ihm allerdings "Pfusch am Bau"
Der Gedanke an eine "neue heimliche Hauptstadt Freudenstadt", wie ihn Hertel immer wieder anführt, muss unter dem Gesichtspunkt der bisherigen und noch zu nennenden Fakten als unhaltbar angesehen werden.
1603 führte Friedrich bei den Feierlichkeiten anlässlich der Übergabe des Hosenbandordens der englischen Delegation in aller Ausführlichkeit seine "Hauptstadt Stuttgart", Tübingen und andere Besitztümer, wie Teck, vor. Dabei spielte seine Hofkapelle eine bedeutsame Rolle (siehe dazu auch den Beitrag: "Ritter vom Hosenbandorden").(40)
Der Herzog selbst jedoch beschränkte sich beim Fest darauf "sein Geld" ans Volk zu verteilen.(22, Seite 125)
Eine zeitnahe Schilderung der Vorgänge von 1603 in Stuttgart verdanken wir Erhard Cellius, einem Tübinger Professor, der ab 1596 Eigentümer der Druckerei war, aus der später die Osiandersche Buchhandlung in Tübingen hervorgegangen ist.(22)
Von der neuen Domäne "Freudenstadt" ist bei dem Fest von 1603 nirgendwo die Rede.
Schickhardt arbeitete 1605 am Prinzenbau in Stuttgart und nicht
in Freudenstadt!
Warum
wurde er nicht nach Freudenstadt gesandt um den weiteren Ausbau
voranzutreiben?
Warum ließ Herzog Friedrich das alte Schloss in Calw abreißen? - Er legte persönlich am 22.3.1606 den Grundstein für ein neues Schloss (siehe das Bild rechts), das wiederum Schickhardt entworfen hat.(36) Alle Fakten zu den Planungen und Bautätigkeiten von Schickhardt seit 1599 sprechen dagegen, dass für Freudenstadt noch eine "größere Bestimmung" vorgesehen war.
Man kann aus allen genannten Fakten nur den einen Schluss ziehen:
Da der Auftrag zum Bau des Schlosses in Freudenstadt bis zum Tod Friedrichs 1608 ausblieb, kann es als nahezu sicher gelten, dass Herzog Friedrich von seinen ursprünglichen Absichten Abstand genommen hatte!
14. Kapitel - Huldigungen
Wir müssen uns auch die Schriften über den Landesherrn (Flugblätter und Reiseberichte) im neu geschaffenen Druckwesen anschauen, die eine huldigende "Propagandawelle" aus der Druckerei in das "Volk" trug.
Der Sprachstil aller Schriften zeugt einerseits von dem ständigen Bemühen, dem Landesherrn genügend "Huldigung" zu beweisen, andererseits hütete man sich davor, auch nur den Hauch einer Kritik zu formulieren. Das wird u.a. auch schon bei Schickhardts Reisebericht deutlich.
Die Macht der Medien hatte begonnen und scheint bis heute nachzuwirken!
Beispiel:
Und auch du, hochangesehene den Göttern hinzugefügte Zier, Herzog Friedrich, der du den weiten Erdkreis mit deinem Ruhm erfüllst und den Weg zum hohen Olymp unternimmst, gib mir leichte Wege! Dein Name wird dir durch unser Gedicht ewig bleiben, solange diese Gedichte nur irgendetwas vermögen.
Friedrich wurde ständig als Träger zweier Orden gerühmt. Neben dem Hosenbandorden hatte er seinen zweiten Orden, den St. Michaels-Orden, schon im Jahr 1596 vom französischen König Heinrich IV., verliehen bekommen und zwar als Zeichen des Danks für die finanzielle Unterstützung des Königs bei seinem Kampf um Religion und Krone. Näheres dazu findet man in den nachfolgenden Beiträgen "Reise nach England" und "Ritter vom Hosenbandorden".
Friedrich hatte kaum Zeit und später auch kein Interesse mehr, sich um seine neugegründete Stadt zu kümmern. Er musste sich doch mit der etablierten landesständischen Vertretung Württembergs auseinander setzen.
Dieser trat Friedrich mit massiver Gewalt entgegen um seine Souveränität
zu unterstreichen und auszubauen.
Beispielhaft ist dafür
Entzlin hatte dem Herzog geholfen, den Tübinger Vertrag auszuhebeln.
Am Ende des Konflikts der "Landschaft" mit dem Herzog galt:"Die Landschaft war nicht dazu berufen, über Krieg und Frieden zu entscheiden – sie durfte lediglich förmlich feststellen, welche Kriege sie mit zusätzlichen Mitteln zu bezahlen hat. Wenn die Untertanen ihrem Herrn „raten“, so heißt das nichts anderes, als dass sie förmlich die Leistungen auf sich nehmen, die sie ihm schuldig sind." Hintergrund des Streites war der Wunsch des Herzogs nach Finanzierung einer eigenen Streitmacht.
Zu dieser Auseinandersetzung kann man zahlreiche Hinweise im Internet finden.
Abschließend meine persönliche Einschätzung:
Freudenstadt verdankt seine Gründung hauptsächlich der Existenz von Christophstal und den dort schon lange vorhandenen Abbautätigkeiten.
Von der Hochebene aus hätte Friedrich einen "herzoglichen" Blick von oben auf eine seiner Geldquellen gehabt.
Mit dem Plan zur Gründung einer
"ihm eigenen" Stadt mit einem "ihm angemessenen" Schloss hatte Herzog Friedrich I. zudem einen neuen strategischen
Standort für die West-Absicherung seines Fürstentums und für die Schwarzwald-Überquerung im Sinn.
(Später übernahm Oberkirch für kurze Zeit die Funktion des westlichen Grenzpostens.)
Dabei hatten die Landstände zunächst kein politisches Mitspracherecht.
Nach Ablauf der Steuerfreiheit und dauerhaftem Bevölkerungszuwachs wäre eine neue Geldquelle für den Herzog entstanden.
Außerdem war durch die Ortslage der Stadt auch eine Schutzfunktion für das Christophstal angedacht, die neue Stadt sollte die "Festung Freudenstadt" werden.
Nicht umsonst wurde Freudenstadt sehr lange als "Berg- und Festungsstadt" bezeichnet. Bei besseren (erhofften) Erträgen im Bergbau hätte dieser die Ausweitung von Stadt und Abbau begünstigt.
So steckt hinter unserer Geschichte die Haltung eines Mannes, der zu den ganz "Großen" seiner Zeit aufschließen wollte und der "fürstlich" zu leben wusste.
Er war ein Mann mit vielen Plänen, dazu bereit, für diese viel Geld auszugeben und seine Interessen auch mit Gewalt durchzusetzen.
Herzog Friedrich I. ist und bleibt der Stadtgründer, egal welche Motive man ihm bei der Stadtgründung unterstellt.
Die Spuren seiner Absichten verleihen Freudenstadt noch heute eine große Anziehungskraft.
Nachtrag:
Christophstal verdankt seinen Namen einem Vorgänger von Friedrich, CHRISTOPH von Württemberg (1515-1568), der nach dem "heiligen Christophorus" benannt ist und hat seine eigene und noch ältere "Bergbau-Geschichte".
Besonders hilfreich für den Grubenstandort "Christophstal" war die Tatsache, dass das Anbohren eines Berges in der Talsohle weniger Umstände verursacht als der Zugang von oben und dass der Forbach den Abbau erleichterte.
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*** Der genaue Ablauf der Geschichte wird bei Wikipedia nicht korrekt wiedergegeben und die genannte Quelle falsch zitiert. Siehe dazu den Beitrag: Die Alchemisten-Affäre.
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Anmerkung - Hertel:
Entgegen der ständig wiederholten Deutung, dass Freudenstadt als "neue Haupt- und Residenzstadt" zwischen Stuttgart und Mömpelgard geplant worden sei (Hertel), muss man nach der Aussschreibung vom 3. November 1601 davon ausgehen, dass es die erste Absicht von Herzog Friedrich war eine Stadt zu bauen um eine „bessere Bequemlichkeit“ für die „zuvor verpflichteten Angehörigen" (und das können nur die „Bergarbeiter“ gewesen sein) zu schaffen.
Die "bessere Bequemlichkeit" kann man aber auch (aus rein praktischer Überlegung heraus) auf die Schwarzwaldüberquerung beziehen.
Diese wurde auch 1605 mit dem Aufenthalt von Herzog Friedrich und seiner Hofkapelle in Freudenstadt demonstriert!
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Anmerkung - M. Eimer:
Professor Dr. Manfred Eimer, dessen Buch von 1937 mir erst nach Fertigstellung der meisten Internetbeiträge zugänglich geworden ist, standen noch zahlreiche Dokumente zur Stadtgeschichte zur Verfügung, die durch die Kriegsfolgen von 1945 in Freudenstadt verloren gegangen sind. Deshalb hat seine Darstellung der Gründungsjahre von Freudenstadt für mich die größte Nähe zur tatsächlichen Wirklichkeit.
Der Autor und Heimatforscher Prof. Dr. Manfred Eimer, 1871 – 1951, studierte in München, Tübingen und Straßburg. Anschließend lehrte er 20 Jahre an der Oberrealschule in Straßburg. Nach dem Krieg musste er das Elsass verlassen. Er lebte dann in Freudenstadt, wo er zur Heimatgeschichte kam und zahlreiche Bücher und Aufsätze veröffentlichte.
1922 ging er in den Lehrdienst nach Karlsruhe und 1934 nach Tübingen in den Ruhestand.
Die Würdigung seiner Arbeit (aus dem Jahr 2007) findet man hier auf Seite 47:
https://www.stadtmuseum-tuebingen.de/wp-content/uploads/2024/06/Hin-und-weg.pdf
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Anmerkung - Die Kupplerinnen:
Eine ausführliche Schilderung der Rolle von M. Möringer und weiterer "Kolleginnen", sowie deren Schicksal nach Friedrichs Tod, findet man bei
Ruth Blank: Magdalena Möringer: Eine Gefangene auf der Festung Hohenurach - Zeitschrift für Württembergische Landesgeschichte, 65. Jahrgang, 2006, Kohlhammer-Verlag, Stuttgart, Seite 49 -95.(49), auch (50)
Unter dem nachfolgenden Link
https://neu.dagv.org/files/publikationen/dagv-news/DAGV-News_03-04_2017.pdf
findet man eine Würdigung der Arbeit von Ruth Blank, die von herausragendem Fleiß und großer Akribie gekennzeichnet ist:
"Ruth Blank, 1923-2016, war einer leidenschaftliche Genealogin in den Orten Urach und Schorndorf. Als Schorndorfer Studiendirektorin lehrte sie Generationen von Schülern Deutsch, Englisch und Geschichte. In ihrem Ruhestand widmete sie sich der Familiengeschichtsforschung. Reinhold Maier, der erste baden-württembergische Ministerpräsident, war ihr Onkel und sie lebte in dessen Geburtshaus in Schorndorf, wo sie ein Reinhold-Meier-Zimmer einrichtete. Zuerst veröffentlichte sie als genealogische Arbeit 1994 die „Vorfahren Reinhold Maiers in Vaihingen und Enzweihingen“ in den südwestdeutschen Blättern. Nach jahrelangen Forschungen im Stadtarchiv Urach erschien von ihr das 1262 Seiten-Werk „Uracher Bürger vor 1640“ 2001 im Selbstverlag..."
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Quellenangaben:
Karte:
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/fc/1596_Gadner_Übersicht_Herzogtum_LABW_HStA_Stuttgart_Blatt_4_Bild_1Web.jpg?uselang=de
https://upload.wikimedia.org/wikipedia/commons/f/fc/1596_Gadner_%
Bilder:
Baumeister Schickhardt: Wiki commens
Herzog Friedrich I. von Württemberg erhält den Hosenbandorden - Kupferstich von 1603 - © Landesmedienzentrum Baden-Württemberg
Blamont:
Bild: Hohnauer- Hinrichtung:
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Übergeordnete Quellen:
1:
Google-Books stellt dankenwerter Weise die älteste verfügbare Gesamtübersicht zur Verfügung.
C. F. Sattler, 1772: Geschichte des herzogthums Würtenberg unter der regierung der herzogen, Bände 5-6
https://books.google.de/books/about/Geschichte_des_herzogthums_W%C3%BCrtenberg_u.html?id=3GxHAAAAYAAJ&redir_esc=y
2:
Gerhard Hertel: Erlebnisse, Ansichten, Einsichten Aus 80 Jahren, Geiger-Verlag, Horb 2006
3:
Unter der unten stehenden Adresse findet man eine sehr erhellende Darstellung zur Organisation und Selbstverwaltung der Städte um 1500/1600. - Titel: Die württembergische Amtsstadt im 15. und 16. Jahrhundert, 1994
Der Autor, Volker Trugenberger, war lange Jahre Leiter des Staatsarchivs Sigmaringen.
tuebingen.de/xmlui/bitstream/handle/10900/46409/pdf/Trugenberger_Volker_Die_wuerttembergische_Amtsstadt_im_15.pdf?sequence=1&isAllowed=y
4:
Freudenstädter Beiträge zur geschichtlichen Landeskunde zwischen Neckar, Murg und Kinzig:
Herzog Friedrichs Freudenstadt im ersten Jahrhundert seiner Geschichte,
Nr. 6/1987 - aus "Freudenstädter Heimatblätter" 1949-1994, Ergänzte 2. Auflage 1997
Hrsgb.: Heimat- und Museumsverein für Stadt und Kreis Freudenstadt
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Details:
(1)
Bild: Landesmuseum Württemberg. Inv.-Nr.: MK 10984
(2)
Biographisches Lexikon der Münzmeister und Wardeine, Stempelschneider und Medailleure (MMLO), https://mmlo.de/13039
(3)
Gerhard Hertel, Das Bärenschlößle, Heinrich Müller Verlag, Freudenstadt,1981, Seite 50
(4)
Heinrich Schickhardt: Inventar. 1632, Stätt von Newem erbautt.
Landesbildungsserver Baden-Württemberg (Memento) vom 19. Juli 2011 imInternet-Archiv und
https://de.wikipedia.org/wiki/Freudenstadt#Geschichte
(5)
https://de.wikipedia.org/wiki/Freudenstadt#Geschichte
(6)
public domain
(7)
https://hmv-fds.de/muenzstaette-ct-1622-28immerfit4tests/
(8)
Experimente in Schlössern, Klöstern und Museen. Aus Hexenküche und Zauberlabor.2., vollständig überarbeitete Auflage. Wiley-VCH, Weinheim 2009
(9)
Alchemie an einem Fürstenhof der Renaissance. Graf Wolfgang II. von Hohenlohe (1546–1610) und Schloß Weikersheim. In: Chemie in unserer Zeit.>Band 26, 1992, S. 248
(10)
https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_I._(W%C3%BCrttemberg)
(11)
https://www.schloss-kirchheim.de/wissenswert-amuesant/anekdoten/alchemie)
(12)
https://www.leo-bw.de/fr/detail/-/Detail/details/PERSON/ubt_hauswuerttemberg/118535862/W%C3%BCrttemberg+Friedrich+I+Herzog
(13)
https://www.stadtlexikon-stuttgart.de/article/5b460327-588a-482f-8488-2b2d49a836f3/Alchemielabor_im_Alten.htm und:
https://www.gdch.de/fileadmin/downloads/Netzwerk_und_Strukturen/Fachgruppen/Geschichte_der_Chemie/Mitteilungen_Band_07/1992-07-02.pdf
(14)
https://www.bundesbank.de/resource/blob/607586/8ffcb9d317695cec43df4bfdc92c4277/mL/die-kipper-und-wipperzeit-von-1618-bis-1623-data.pdf
(15)
Emser Hefte, Jg.13. Nr. 3- Juli-Septt. 1992, "Bergbau und Mineralien von Freudenstadt/Schwarzwald, S.19
(16)
Zu diesem relativ komplizierten Thema, das die Rechtsordnung der Landesherrschaft im 16. Jahrhundert und speziell auch den Fall Enzlin beleuchtet, kann im Internet eine Dissertation (Doktorarbeit) der Uni Tübingen, vorgelegt von Jonas Daniel Veit, 2017, eingesehen werden:
https://publikationen.uni-tuebingen.de/xmlui/bitstream/handle/10900/74453/diss_veit.pdf?sequence=1&isAllowed=y
(17)
https://www.oppenau.de/site/oppenau/get/documents_E1160497120/oppenau/Objekte/02_Leben_Wohnen/Geschichte/Texte%20pdf%20zum%20Download/B%C3%B6rsig%20Geschichte%20des%20Oppenauer%20Tals.pdf
(18)
https://www.leo-bw.de/fr/detail-gis/-/Detail/details/ORT/labw_ortslexikon/7411/Freudenstadt
(19)
https://www.historischer-augenblick.de/unteres-schlossportal/
(20)
https://www.inschriften.net/freudenstadt/einleitung/2-historischer-ueberblick.html
21)
https://www.digitale-sammlungen.de/de/view/bsb11212296?page=1
(22)
(25)
https://www.restauro.de/der-stein-der-weisen/
(26)
https://de.wikisource.org/wiki/Die_Gartenlaube_(1899)/Heft_21#
(27)
Mineralogisch-landeskundliche Wanderungen im Nordschwarzwald. Besonders in dessen alten Bergbaurevieren, Metz, Rudolf, Schauenburg M., 197
https://alltagimmittelalter.gnm.de/de/stadt-und-land
(29)
https://www.fkw-journal.de/index.php/fkw/article/view/1018/1015
https://www.staatsanzeiger.de/landesgeschichte/eine-kupplerin-bot-dem-grossen-herzog-die-stirn
(34)
Höhenluftkurort Freudenstadt
im Württembergischen Schwarzwald, bearbeitet von Stadtschultheiss Hartranft, 5. Vermehrte
Auflage, M.-Verlag der Schlaetz’schen Buchhandlung, 1913
EduardPaulus:Beschreibung des Oberamts Calw. Karl Aue, Stuttgart 1860, Seite 151. (Version vom 1.8.2018)
Wikisource, https://de.wikisource.org/w/index.phptitle=Seite:OberamtCalw_151.jpg&oldid=
(37)
Rohstoffgewinnung und Stadtentwicklung,Siedlungsforschung. Archäologie – Geschichte – Geographie 30, 2013,Herausgegeben von Martin Pries und Winfried Schenk für den Arbeitskreis für historische Kulturlandschaftsforschung in Mitteleuropa ARKUM e.V. Mit Beiträgen der Jahrestagung 2011 in Lüneburg, S. 59: Uwe Meyerdirks Bergbau und Stadtentwicklung im Nordschwarzwald
https://archive.org/details/WuerttembergischeLandtagsaktenII2
(39)
Württembergische Kirchengeschichte. Herausgegeben vom Calwer Verlagsverein.
Calw & Stuttgart. Verlag der Vereinsbuchhandlung. 1893,
Seite: 417 Die Hofkapelle unter Herzog Friedrich 1593 - 1608. Von D. Dr. Gustav
Bossert - Seite 317 ff.
M. Eimer: Die Gründung Freudenstadts und dessen Entwicklung bis zum großen Brand 1632,
in :Württembergische Vierteljahrshefte für Landesgeschichte. Herausgegeben von der Württembergischen Kommission für Landesgeschichte. XL. Jahrgang. 1934, Stuttgart. Druck und Verlag von W. Kohlhammer. 1935, Tübingen, 2. Teil, Seite 213 ff(43)
Prof. Dr. Manfred Eimer: Geschichte der Stadt Freudenstadt, Oskar Kaupert, Freudenstadt, 1937
(44)
https://neu.muenzenwoche.de/hintergrundartikel/silberfuer-wuerttemberg/
(45)
Freudenstädter Beiträge zur geschichtlichen Landeskunde zwischen Neckar, Murg
und Kinzig:
Herzog Friedrichs Freudenstadt im ersten Jahrhundert seiner Geschichte, Nr.
6/1987 - aus:"Freudenstädter Heimatblätter" 1949-1994, Ergänzte 2. Auflage 1997
Hrsgb.: Heimat- und Museumsverein für Stadt und Kreis Freudenstadt
(46)
Dr. Andre Bouvard: Heinrich Schickardt und Blamont, in: Eine Brücke, 2010/2011 Kulturstrasse des Europarats e.V., Mitteilungen und Informationen 10(47)
Gerhard Raff: Hi gut Wirtemberg allewege II, 2. Auflage 1993, Neuenstadt am Kocher, Seite 4-78
(48)
Karl Pfaff: Geschichte des Fürstenhauses und Landes Wirtemberg nach den besten Quellen und Hilfsmittel, 1839 Google-books:
(49)
Württembergische Landesgeschichte, 65. Jahrgang, 2006, Kohlhammer-Verlag, Stuttgart, Seite 49 -95.
(50)
Ruth Blank: Margaretha Matthiä, Usula Dorothea Linder, Sabine Scheying-drei KupplerinneninDiensten Herzog Friedrichs v. Württemberg - in: Südwestdeutsche Blätter für Familien- und Wappenkunde Band 29 · 2011, Seite 63 ff.
https://regionalia.blb-karlsruhe.de/files/26236/BLB_SWDB_2011.pdf
(51)
"Die Goldküche des Herzogs (1595-1606)", Friedrich Nick in: Chronik und Sagenbuch, Stuttgart, 1875, Seite 189 - 244
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