Die Geschichte der Mammutbäume -

- wie sie nach Deutschland kamen

Der Mammutbaum ist ein mehrfacher Rekordhalter

(Sequoiadendron giganteum = Riesen-Mammutbaum)

Beheimatet in Nordamerika und China hält er gleich mehrere Rekorde: Er kann über 100 Meter hoch wachsen und mehr als 1500 Jahre alt werden. Es gab ihn schon vor 65 bis 110 Millionen Jahren zur Zeit von Flug- und Fischsauriern, was versteinerte Funde belegen. In den USA wurde er 1769 von Juan Crespi (Spanischer Franziskaner grizzlyund Missionar) bei einer spanischen Expedition von Mexiko nach Kalifornien entdeckt.   (***  Bild_1: Siehe unten)

Crespi zeichnete Meile für Meile der Expedition auf und notierte die Lebensweisen der Indigenen und beschrieb die Flora und Fauna, die er vorfand.

Der böhmische Forschungsreisende Thaddäus Haenke sammelte als Teilnehmer der sog. Malaspina-Expedition (1789-1794) mehrere tausend Pflanzen und Insekten und sandte diese nach Madrid.  So kamen die ersten Baumsamen nach Europa.

Riesenmammutbäume findet man heute in den Gärten der Alhambra, in "Generalife". Der Name kommt aus dem Arabischen "Yannat al-Arif" was übersetzt ins Spanische so viel heißt wie "Gärten des Alarife".

Eine größere Lieferung an Pflanzensamen sandte der britische Botaniker William Lobb 1853 nach England. Sie verbreiteten sich schnell in England, weil das dortige Klima das schnelle Wachstum begünstigte. Dort wurde der Baum auch als „Wellingtonie“ (nach dem Herzog von Wellington, 1769-1852) benannt.

Unter anderem erinnert man sich an Wellington als den englischen Feldherrn, der Napoleon bei Waterloo besiegte.

Zuvor spielte er jedoch eine herausragende Rolle im Unabhängigkeitskrieg 1807-1813/14 (Befreiung Spaniens von der Herrschaft der Franzosen) und aus Dankbarkeit schenkten ihm die Cortes von Cádiz (=Verfassungsgebende Versammlung von Cadiz) 1813 ein riesiges Anwesen im Herzen der Ebene von Granada, bekannt als „El Soto de Roma“.

In der Provinz Granada gibt es Belege dafür, dass der Herzog von Wellington dem Marquis von Corvera in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts mehrere Exemplare für sein Landgut in Huéscar schenkte. Sie wurden  zwischen 1854 und 1856 in den Monumentalkomplex eingeführt, zeitgleich mit der Schaffung der Hohen Gärten des Generalife (damals ein Privatbesitz).

So sind in Spanien zahlreiche Mammutbäume auf Wellington zurückzuführen. Samen

Schnell endeckten auch die europäischen Fürsten- und Königshäuser in der exotischen Rarität den Status-Charakter der Mammutbäume.

Der vermutlich älteste Mammutbaum Deutschlands wurde 1852 als Geschenk des britischen Königshauses an die Landgrafschaft Hessen-Darmstadt in einem Park in Bensheim-Auerbach gepflanzt. Heute können im Staatspark Fürstenlager, der ehemaligen Sommerresidenz der Landgrafen und Großherzöge von Hessen-Darmstadt, zahlreiche und vermutlich die ältesten Mammutbäume in Deutschland besucht werden.

Den Namen „Fürstenlager“ hat die heimische Bevölkerung dem Park, der nach dem Vorbild englischer Gärten angelegt wurde, gegeben. Dort konnte man auf Wiesen lagernd, das Treiben der „hohen Herrschaften“ verfolgen.

Möglicherweise hat der naturverbundene württembergische König, Wilhelm I (1816-1864) dort den Baum „entdeckt“ oder er war von den Berichten über die Bäume so begeistert, dass er kurz vor seinem Tod im Jahr 1864  (– der Legende nach – ) ein „Lot“ von Samen bestellte.

wilhelmaDas Lot war damals die gebräuchliche Maßeinheit der Masse und entsprach etwa 15 Gramm.

Wahrscheinlich haben die Amerikaner „a lot“ mit „sehr viele“ übersetzt. Auf alle Fälle erhielt der König ein „Pfund“, damals 470 Gramm, was ca. 100 000 Samen bedeutete und 90 Dollar gekostet haben soll. Ein Hofgärtner in Stuttgart zog die Saat 1864 in der "Wilhelma" in Stuttgart-Bad Cannstatt auf.

Die "Wilhelma"-Anlage (***Bild_2: Siehe unten) wurde schon am 30.09.1846 anlässlich der Hochzeit des Kronprinzen Karl mit der Zarentochter Olga Nikolajewna eingeweiht - obwohl die Erweiterungsarbeiten damals noch andauerten. Es existieren neben den begonnenen königlichen Gebäuden erst zwei Gewächshäuser. Die Wilhelma war damals nur den königlichen Herrschaften zugänglich. Erst ab 1880 konnte jeder unter Vorlage einer Berechtigungskarte, die allerdings nicht leicht zu erlangen war, sie besichtigen.

Die Saat (heute „Wilhelma-Saat“ benannt) soll 5000 bis 8000 kräftige Pflanzen hervorgebracht haben. Diese wurden an Baumschulen und Forstdirektionen im ganzen Land verteilt und als begehrte Zierde an Königs- und Fürstenhäuser verkauft. Ein gutes Geschäft für das württembergische Königshaus.

Das „Oberamt“ Freudenstadt war zu der Zeit wegen seiner reinen Luft auf dem Weg zum „Kurort“. Stadtschultheiß Hartranft war dafür die treibende Kraft. Außerdem bekam Freudenstadt Ende der 90- Jahre Anschluss ans Streckennetz der Württembergischen Eisenbahnen und der Gäubahn. 1910Was könnte besser dazu passen als ein „königlicher“ exotischer Mammutbaum inmitten eines großen Marktplatzes, der damals noch als „Kurgarten“ existierte.

Seit 1866 (als geschütztes Naturdenkmal seit 1994) teilt er nun die Geschichte der Stadt Freudenstadt.

 (*** Bild_3: Jahr 1910_ Siehe unten)

Er überstand bis heute zwei Weltkriege, obwohl er auch 1945 bei der katastrophalen Verwüstung der Stadtmitte einen Teil seiner Krone verlor. Auch die Umgestaltung des Marktplatzes beim Bau der Tiefgaragen hat er unbeschadet überstanden. Da er erst im „jugendlichen Alter“ von 160 Jahren ist, hat er hoffentlich noch seine besten Jahre vor sich! Aber er war und ist nicht der einzige Baum im Umfeld von Freudenstadt.

Auf dem Geländes des alten Gutshofs Lauterbad steht ein schönes Exemplar und in Simmersfeld (Kreis Calw) auf dem Friedhof findet man einen noch älteren Nachbarn. Dieser soll schon 1859, also 5 Jahre vor dem in Freudenstadt, gepflanzt worden sein. Demnach kann er nicht aus der Wilhelma-Saat stammen. Leider konnte ich zunächst keine Angaben über seine Herkunft finden.

1952_54(*** Bilderreihe: 1952-1954 - Siehe unten)

Wer sich  für die Standorte weiterer Bäume, auch anderer Exoten, interessiert, sollte folgenden Link erproben:

https://www.baumkunde.de/baumregister/

Man muss nur die Baumart (z.B.: Riesen-Mammutbaum) und das Bundesland wählen und man erhält zahlreiche Hinweise auf lohnende Ausflugsziele - auch für den Kreis Freudenstadt und angrenzende Kreise. Außerdem kann man in Freudenstadt noch etliche Laubbäume finden, die unter Naturschutz stehen.

Die Liste findet man hier!

Bei der Landesanstalt für Umwelt Baden-Württemberg findet man die genauen Standorte!

Schlussbemerkungen zur Namensgebung "Sequoia".

Auch hier stößt man auf  sehr interessante Personen und Geschichten.

Unter den Botanikern herrschte ein jahrzehntelanger Streit um die Erstentdeckung, Einführung nach Europa und Namensgebung des Baumes. Der heutige Stand der Wahrheit kann am bestens über diese Seite erschlossen werden. Tipp: Sie kann auch auf Deutsch aufgerufen werden.

Sowohl der Wiener Botaniker Stephan Endlicher als auch der französische Joseph Decaisne hatten dem Baum den gleichen Namen "Sequoia" gegeben, Endlicher 1847, Decaisne 1854. Erst 1939 wurde der Namensstreit zufriedenstellend gelöst, als der Amerikaner John T. Buchholz "Sequoiadendron" neu beschrieb und dadurch eine neue Gattung etablierte (dendron = Baum, griechisches Wort). In den USA ist er auch unter den Namen "Giant Redwood", "Giant Sequoia", "Bigtree" bekannt. In Großbritannien wird zum Teil immer noch der Name "Wellingtonia"verwendet.

"Sequoia" wurde als  Gattungsnamen höchstwahrscheinlich zu Ehren des Erfinders der Cherokee-Silbenschrift, "Sequoyah" (*** Bild_4: Siehe unten),  Sequoyahgewählt.

Betroffen von den kriegerischen Auseinandersetzungen und der "Vertreibung" seines Volkes hatte er erkannt, dass die Kommunikationsmöglichen durch Lesen und Schreiben einen riesigen Vorteil bringen. So suchte er eine Möglichkeit die Cherokee-Sprache zu Papier zu bringen und erfand in jahrelanger Arbeit, unterstützt von seiner Tochter, die Silbenschrift, die in kürzester Zeit von seinen Stammesgenossen gelernt und bis heute benutzt und gelehrt wird. Bis zu seinem Tod hoffte und glaubte er, die Teilung seines Volkes in Östliche und Westliche Cherokee mit seiner Schriftsprache überwinden zu können. Er installierte das erste öffentliche Schulsystem (1842) für die Cherokee.

Sein Name taucht durch zahlreiche Ehrungen in den verschiedensten Zusammenhängen auf. Siehe z.B. den Sequoia-Nationalpark. (Schöne Baumbilder!)

Auf youtube kann man zu seiner Person folgenden Filmbeitrag finden: 

https://www.youtube.com/watch?v=GDPSpksJvtY Harper

Der Name seines Vaters war  "Nathaniel Gist" (1733 - 1812), ein typischer "Grenzgänger" zwischen der indianischen und der weißen Kultur. Er war ein vielbeachteter "Soldat" und  im sog. Franzosen- und Indianerkrieg (Cherokee-Krieg 1760) als auch im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg. Zeitweise (1760) war er Gefährte von Daniel Boone, der als Vorbild für den literarischen "Lederstrumpf" von James F. Cooper gilt. Zwischen den Kriegen lebte er als "Händler" etliche Jahre unter den Cherokee. Dort war er mit der Schwester (oder Nichte ?) "Wurteh" des berühmten Cherokee-Häuptlings "Doublehead" (1774-1807) liiert.

Nathaniels Vater, Christopher Gist, der ein zeitweiliger Begleiter von George Washington war, hatte schon gute Verbindungen zu den Cherokee. Washington nutzte sowohl die Fähigkeiten von Christopher als auch die von dessen Sohn Nathaniel.  Er blieb der Familie Gist lebenslang verbunden. Trotz aller Belege und der offensichtlichen Nähe von N. Gist zu den Cherokee geistert in Literatur und im Internet immer noch die "Schmähung", Sequoyah sei ein Sohn eines deutschen "hausierenden Händlers" namens "Guess" gewesen. Dabei wird immer die gleiche Quelle benannt: William A. Phillips, 1870: Harper's new monthly magazine v.41,  1870, page 542 ff. Benannter Autor hat es leider versäumt, den Namen "Gist" zu recherchieren. Wenn man bedenkt, welche Rolle damals das "Harper-Magazin" inne hatte, ist es nicht verwunderlich, dass sein Artikel über Sequoyah einen fast reinen "Boulevard-Charakter" hat und gespickt ist mit freien Erfindungen. Harpers Magazin diente vor allem der "Erbauung" seiner Leser, fand reisenden Absatz und riesige Verbreitung.

Nähere Einzelheiten auf der Extra-Seite über Sequoyah!

Weiteres findet man u.a. bei: https://en.wikipedia.org/wiki/Nathaniel_Gist  (Leider nur in Englisch)

Wer sich für die Geschichte der Cherokee interessiert:  https://www.cherokee.org/about-the-nation/history/

 Nachtrag:

Bei der Deutsche Dendrologische Gesellschaft e.V. ( https://ddg-web.de/beitraege.html ) findet man unter Beiträge zur Gehölzkunde 2009 von  Dr. Lutz Krüger einen Beitrag zum Thema:

Dokumentation Botanischer Giganten in Deutschland – das Projekt Mammutbaum und dort folgende Hinweis:

„ Im Jahre 1853 begann die Handelsgärtnerei Veitch zu Exeter (England) den regulären Verkauf von ersten Seq. gig. Pflänzlingen in Europa. Es ist anzunehmen, dass in den darauffolgenden Jahren über Veitch ein großer Teil dieser Pflanzen auch seinen Weg nach Deutschland fand. ….In Simmersfeld wurde vor einigen Jahren ein Seq. gig. entdeckt, der auf dem Grab eines verstorbenen, ortsansässigen Pfarrers im Jahre 1859 gepflanzt wurde. Dieser Pfarrer hatte Verwandte in Kalifornien, die möglicherweise die Auswahl dieses exotischen Baumes auf dem Friedhof von Simmersfeld anregten.“

*** Bilder

Bilderreihe: Landesarchiv_Baden-Wuerttemberg_Staatsarchiv_Freiburg_W_134, 1952-1954

1: Big Trees of California, Published by the Passenger Departmént Sothern Pacific Company, San Francisco, 1915

2: Public domain: Ludwig von Zanth, 1796-1885, Villa Seiner Majestät des Königes Wilhelm von Württemberg in der Wilhelma, Stuttgart 1855,, Tafel 3: Allgemeine Ansicht der Wilhelma.

3: Freudenstadt in alten Ansichtskarten, 1910,  Herausgeber: Gerhard Hertel (Freudenstadt), Flechsig-Verlag, Frankfurt, 1979 - Der Mammutbaum steht zwischen den "Tennisplätzen"

Zum Bild_4 von Sequoyah:

Alle Bilder von Sequoyah gehen auf ein einziges Porträt von Charles Bird King (1785-1862) zurück. Es entstand anlässlich eines Aufenthalts von Sequoyah in Washington 1828.

Er war als bevollmächtigter Cherokee an dem Vertrag von 1828 der USA mit den westlichen Cherokee über Umsiedlung und Ausgleichszahlungen beteiligt und deshalb in Washington. Seine Unterschrift (als "George Guess") ist bestätigt. Ebenso im Vertrag von 1816.

Nach diesem Bild wurde die hier abgebildete Lithographie hergestellt. Das Originalbild ging Mitte des 19. Jahrhunderts durch einen Brand verloren! Für seine Verdienste um die Verschriftlichung der Cherokee-Sprache wurde ihm die Silbermedaille verliehen, die er um den Hals trägt. Außerdem wurden ihm in dem Vertrag von 1828 (Artikel 5) 500 Dollar für seine Verdienste zugesprochen. Das entsprach einer heutigen Kaufkraft von ca. 13 000 Dollar.

Alle Inhalte dieser Seite können im Internet, u.a. bei Wikipedia, nachrecherchiert werden. Zahlreiche Einzelheiten findet man auch in den Chronicles of Oklahoma Band 15, Nr. 1, März 1937

 

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